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Peter Gay
Die Moderne
Eine Geschichte des Aufbruchs
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(S. Fischer)
Eine große Aufgabe: Die Moderne in ihrem gesamten
Umfang zu charakterisieren. Der Autor Peter Gay nimmt die Herausforderung
an und erschafft ein historisches Werk, das bei Baudelaire seinen Anfang
nimmt und bei Andy Warhole abrupt endet.
Hier werden bereits die Probleme eines solchen Mammutprojekts
deutlich sichtbar: Was nun genau haben diese beiden Künstler gemeinsam,
was klassifiziert sie als „modern“? Peter Gay selbst findet
nur eine sehr schwammig Antwort auf diese Frage, er charakterisiert die
Moderne anhand zweier Indizien: Einmal ist das die Häresie, zum zweiten
die Selbstreflexivität der Werke. Das ist als Grundlage durchaus
akzeptabel, bei einem genauere Durchdeklinieren dieser Prinzipien auf
alle genannten Künstler jedoch nicht immer haltbar, zumal Peter Gay
selbst nicht immer die von ihm aufgeführten Hinweise an den Künstlern
abarbeitet sondern vielmehr oft ins anekdotisch oder wertende fällt.
So ist ihm Dalí nur ein paar knappe Zeilen wert, mit dem Verweis,
dass dieser ja die Massen begeisterte – ein recht elitäres
Verständnis von Historie. Die Geschichtsstunde wird gefüllt
mit biographischen Abrissen und kurzen Anmerkungen zu den Hauptwerken
der jeweiligen Künstler, die sich von Literatur, Kunst bis hin zum
Film spannen – die Fotographie allerdings wurde außen vorgelassen.
Unverständlich, war sie doch eines der Haupttriebmittel der Moderne.
Noch unverständlicher das Auslassen von Lautreamont als wichtiger
Impulsgeber für die Moderne – hier wurde ein essentieller Einfluss
übergangen, ohne Gründe dafür zu nennen. Statt also analytisch
präzise durch die Moderne zu leiten erzählt Gay jovial von diesem
und jenen Künstler – es scheint, als wolle er einfach ein wenig
plaudern, seine Favoriten der letzten 200 Jahre zusammenfassen. Das ist
eine geschichtsträchtige und leicht zu lesende Angelegenheit –
wissenschaftlich ist das allerdings weniger. Gay lässt es sich aber
nicht nehmen, auf ein Paradox der Avantgarden hinzuweisen: Einerseits
die Bourgeoisie zu verteufeln, andererseits vom Bürgertum ernährt
zu werden – die Avantgarde war tief gespalten und Gay vermag es,
diese innere Zerrissenheit auf den Punkt zu bringen. Richtig ärgerlich
hingegen sind die Schlampereien im Bereich der Jahreszahlen, so wird Oscar
Wildes Hochzeit kurzerhand vor dessen Geburtsdatum gelegt. Ein solch unverständlicher
Fauxpas mindert den Wert des Buches ungemein, denn nun müssen alle
angegeben Zahlen, ja, selbst die Fakten an sich in Frage gestellt werden.
Als Nachschlagewerk ist Die Moderne von Peter Gay daher
unzuverlässig – für an der Materie Interessierte allerdings
findet sich eine nette Lektüre und ein guter Einstieg in die Thematik.
Martin Kreischer
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