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Ingeborg Middendorf
Perfect Silent Blue
Eine erotische Erzählung
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Mdv Verlag, ISBN 3-89812-391-X
„Perfect Silent Blue“ – von Ferne
mag Georges Batailles transgressiver Erotikklassiker “Das Blau des
Himmels” grüßen, doch Ingeborg Middendorfs erotische
Erzählung ist im Grunde eine durchweg lebensbejahende Geschichte
der zweiten sexuellen Initiation einer Frau um die fünfzig. In der
zufälligen Begegnung mit einem gutaussehenden Abenteurer und Playboy
lernt sie, ihren eigenen Körper neu zu betrachten, ihre eigene Schönheit
neu zu entdecken und Experimente zuzulassen. Obwohl sie dafür auf
die bürgerliche Idee der sexuellen Exklusivität verzichten muss,
findet sie neues Glück in im Überschreiten selbstgesetzter Grenzen
und eine enge Beziehung zur jüngeren Geliebten des Mannes.
Ingeborg Middendorf, die seit den 1970er Jahren zahlreiche
Erzählungen, Gedichte und Romane – auch erotischen Inhalts
– veröffentlicht hat, erweist sich als souveräne personale
Erzählerin, die psychologische Nuancen der Protagonistin in der fragmentierten
Handlung nachvollziehbar gestaltet. Deutlich wird auch die Ambivalenz
des unverbesserlichen Hedonisten Rudolfo Vassilio, der ein Netz von Behauptungen
und Thesen um sich verbreitet, die Teil seines Verführungsspiels
sind. So ist „Perfect Silent Blue“ auch eine Variante von
Emmanuelle Arsans Initionsromanen der 1970er Jahre, gewissermaßen
für die Mitte des Lebens, denn auch dort tauchen ebenfalls nahezu
de Sadesche Charaktere auf, die die Protagonistin leiten und herausfordern.
Dabei geht Frau Middendorf allerdings einen deutlichen Schritt weiter,
stellt nicht nur im Sinne feminisischer Kunst das Begehren der Frau ins
Zentrum, sondern hinterfragt auf subtile Weise die Machtmechanismen der
sexuellen Rede.
Dramaturgisch steigert sich die physische Direktheit der
Schilderung und gipfelt bezeichnender Weise in einer homoerotischen Begegnung
zwischen den beiden Frauen, die in eleganter Sinnlichkeit umschrieben
wird.
Was bleibt, ist eine inspirierende, im klassischen Sinne
'schön’ zu nennende Erzählung, nicht revolutionär,
aber klug und eben – erotisch.
Marcus Stiglegger, 13.1.2008
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