Ostara
Immaculate Destruction
(Trisol 2005) 2CD 17 Tracks
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Die englische Okkultfolk-Band Ostara, die in den vergangenen
Jahren durch zahlreiche Missverständnisse - aber auch Provokationen
- Aufsehen erregt hat, hatte bereits mit der letzten CD "Ultima Thule"
musikalisch neue Wege eingeschlagen. Nun sind Ostara vom Genrelabel Eis
& Licht zu dem Gothic-Majorlabel Trisol gewechselt, das den Weg in
die Popgefilde erleichtern könnte. Trisol produzieren vor allem schön
gestaltete Doppel-CDs, und so finden wir hier neben dem offiziellen neuen
Album, das man getrost als Gitarrenpop bezeichnen kann, auch einige Folk-
und Akustikmixe, die dezent in vergangene Zeit verweisen: "Feast
of the Fall" , "Red Honey" und "Story of Lament"
sowie das Ambientstück "Butterfly Dance" auf der Bonus-CD
könnten also frühere Folkfans überzeugen, wobei auch hier
Popharmonien und Refrainstruktur dominieren.
Thematisch kreisen die Lieder von "Immaculate Destruction"
um metaphorisch ausgebreitete Liebesmotive, mal spirituell, mal erotisch.
Nur gelegentlich bemüht Richard Levy Metaphern aus der Bandvergangenheit,
so zitiert "Ride the Tiger" etwa Julius Evolas Buch "Cavalcare
la tigre", bedient sich dieses Zusammenhanges jedoch eher als Bild
für einen existenziellen Zustand - ebenso wie in "Lightbringer"
und "Endtime". Eine ideologische Tendenz bleibt also aus, eher
ein leichtes assoziatives Spiel mit Provokantem.
Formal ist die CD hervorragend produziert, Digipak und
Sound bestechen, wie von Trisol gewohnt. Auch die deutsche Übersetzung
der Texte ist erfreulich und spricht für eine neue Offenheit der
Band. Anstrengend ist auf Dauer jedoch Richards Levys eindringlich-hoher
Gesang sowie die ohrwurmträchtigen Refrains, die sich bald abnutzen
und immer wieder superlative Wendungen benutzen: "forever..."
Befremdlich fallen die Fotos des Booklets aus: Hier posiert
man als Indie-Boygroup, nur noch einige Ornamente zeugen vom früheren
Jugendstil-Bezug der Band, der auf der Homepage noch voll entfaltet wird.
Es wird sich zeigen, ob Ostara sich mit ihrer neuen
Selbstdefinition bei einem größeren Publikum etablieren werden.
Die Konkurrenz im Gitarrenpop und New-Metail-Umfeld jedoch ist härter
als in überschaubaren Neofolk-Kreisen, soviel sei gemahnt...
Maria Nicoli
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Ultima Thule
(Eis & Licht 2003) CD 10 Tracks
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Im Grund ist die vor allem
durch ihre etwas ungeschickte Namensgebung berüchtigte Band
Ostara (früher: Strength Through Joy) um den Australier Richard Levy
eine waschechte Popband im Stil der 80er-Jahre-Independent-Acts. Und die
stilistische Entwicklung reicht von den ersten Versuchen im Neofolk-Umfeld
bis zu diesem aktuellen Tonträger, der Anklänge an Gothic-Rock,
englischen Gitarrenpop, atmosphärische Passagen, Euro-Techno und
Folk zu einem einschmeichelnden Nonstop-Ohrwurm verarbeitet, in dessen
Sound die sehr prägnante Stimme von Levy wesentlich besser zur Geltung
kommt als in Begleitung dezenter Akustikgitarren. So ist "Ultima
Thule" ein musikalisch überzeugendes Werk, das sogar neue Hörer
erschließen könnte und letztlich vielleicht auf einem Label
wie Prophecy besser aufgehoben wäre als auf dem Neofolk-Label Eis
& Licht.
Eine mitunter andere Geschichte sind Titel und Inhalt der
Texte. Hier bestätigen sich einige Erwartungen, die es zu Ostara
geben mag: Das Lied "Nightmare Machines" ist offenbar der Regisseurin
Leni Riefenstahl gewidmet, von der auch Fotos im Booklet zu sehen sind.
Gewissermaßen eine Liebeserklärung an die junge Tänzerin
und Schauspielerin, zudem eine Auseinandersetzung mit der Schuld, die
Riefenstahl durch ihre Arbeit als Propagandafilmerin des 3. Reiches auf
sich geladen hat. Dabei interpretiert der Text das als "Mißbrauch
ihres Genies": "You never lost you grace in my eyes", "they
turned your dreams into nightmare machines". Immerhin
bietet der letzte Satz eine klare Absage an die Nazi-Ideologie: "God
may live in Bethlehem - but not Berlin."
Ein neues Motiv taucht mit dem sadomasochistischen Liebeslied
"Diva de sade" auf, in dem sich das fetischistische Interesse
Levys (analog zu einem Teil der Neofolk-Szene) an Uniformen und Rollenspielen
offenbart: "you are the spidergirl from heaven - with tentacles of
terror". Weibliche Dominanz wird hier leidenschaftlich verherrlicht.
Was mit eine schönen Gitarrenmelodie beginnt, entwicklet sich bald
zu einer einschmeichelnden Pophymne. Etwas überflüssig ist hier
allerdings der Technoremix am Ende, der wohl am Publikum vorbeigeht.
"Song of Sam" beginnt mit dem Satz: "Wenn
ich das Wort Kultur hören, greife ich nach meiner Pistole."
Hier wird offenbar der Waffenkult und die Gewaltsucht der amerikanischen
Gesellschaft und Politik ("Sam") angeklagt.
"Does the Truth make free?" und "Ultima Thule"
kreisen esoterisch raunend um den titelgebenden Ursprungsmythos ("Thule"),
der hier als eine Art Walhalla-Motiv auftaucht und die CD deutlich in
die Nähe ideologisch vorbelasteter Mythologie rückt. Dem unkundigen
Hörer wird das wenig auffallen und vermutlich gleichgültig sein.
Doch immerhin trägt die CD selbst den entsprechenden Titel, der durch
das gesytlte New-Age-Foto einer hübschen jungen Dame mit rätselhaften
Zeichen im Gesicht vermutlich affirimiert wird.
"Proud Black Templar" ist der musikalische Höhepunkt
der CD: Eine a capella gesungene mehrstrophige Hymne, die mit kämpferischem
Tonfall von einer vergangenen Welt singt. Auch hier bleiben konkrete Bezüge
offen.
Vor allem in den letzten beiden Stücken "Immortally
wounded" und "Black Spring" finden sich Motive der hebärischen
und jüdischen Mythologie und Mystik, die gegen den Materialismus
der Gegenwart gesetzt werden. Sogar Bibelstellen (Jesus im Konflikt mit
den Tempelhändlern) werden bemüht.
Musikalisch einen weiteren Schritt vorangekommen, wird
diese CD der heftig (aber nicht immer kenntnisreich) kritisierten Band
Ostara inhaltlich nicht unbedingt Entlastung bringen. Wer sich an den
verwendeten Bildern und Motiven stört, wird hier vermutlich wenig
Freude haben. Und eine Auseinandersetzung mit der Ambivalenz dieser Themen
ist etwas erschwert durch die textliche Verrätselung. Aber vielleicht
ist es genau das, was Ostaras Publikum schätzt...
Es ist jedoch zu bezweifeln, dass viele HörerInnen
inhaltsanalytisch an dieses Werk herantreten, von daher besteht "Ultima
Thule" vor allem als eingängige Darkpop-CD.
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