Nordvargr
Evolution
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Label: Old Europa Cafe
Format: 2xCD Digipack
Veröffentlichung: 2009
Mit „Evolution“ veröffentlicht Nordvargr
(Henrik Björkk) ein Doppelalbum, das in seinem künstlerischen
Spektrum kaum breiter angelegt sein könnte. Der vor allem durch seine
anderen Projekte Folkstorm und Maschinenzimmer 412 bekannt Björkk
reizt mit diesem Album Extreme aus und bewegt sich zwischen Genre-Konventionen.
Hinter dem etwas irreführenden, eine Black-Metal Ästhetik zitierenden,
Cover befinden sich post-industrielle Dark Ambient Kompositionen, die
der Düsternis des Artworks jedoch in Nichts nachstehen.
Das auf zwei CDs aufgeteilte Album trägt konzeptionelle
Züge. Während auf der ersten CD klassische Ambient Strukturen
dominieren, ist die zweite Scheibe durch einen stark perkussiven Charakter
geprägt, der größten Teils ohne flächige Soundarrangements
auskommt. Der erste Teil von „Evolution“ ist kompositorisch
mit allen genretypischen Elementen industrieller Klangkultur verstehen:
Schwere Drones werden mit Synthesizer-Scapes gekoppelt und rhythmisch
mit Glocken, Trommeln oder maschinellen Industrie-Sounds angereichert.
An einigen Stellen entstehen so fast hymnische Momente, an Anderen Beklemmung,
die sich in akustische Klaustrophobie hineinsteigert. Letztere werden
teilweise mit Sprachsamples oder nach unten gepitchten Spoken Word Einwürfen
versehen. Meist nur in Flüsterlautstärke zu hören und von
markerschütternder Bedrohlichkeit gezeichnet, lassen diese „Evolution“
zu einer Reise in musikalische Folterkeller werden. Auch die Klänge,
die nicht selten an ‚Umwelt’-Geräusche wie Metalklirren
oder Sägen erinnern affirmieren diesen Eindruck.
Die zweite CD spricht eine deutlich andere Sprache. Wie
schon erwähnt sticht hier vor allem die Perkussion hervor, die oft
zu regelrechten Grooves arrangiert sind und phasenweise einen geraden
Puls bekommen. Zwar bricht dies die Ambient-Stimmung fast vollkommen auf,
aber dennoch gelingt es Nordvargr durch präzise Setzung der einzelnen
Elemente interessante und innovative Strukturen zu schaffen. Entfernt
werden so Electronica Elemente zitiert, ohne jedoch die apokalyptische
Soundkulisse aufzugeben. Obgleich die erste CD im direkten Vergleich stärker
ist, entfaltet „Evolution“ seine Stärken gerade in der
Kombination und hält für den Hörer einiges zu Entdecken
bereit.
Mit der Veröffentlichung beweisen Old Europa Cafe
eine sichere Hand und präsentieren „Evolution“ von Nordvargr
in einem klassischen monochrom schwarzen Design. Dieses spiegelt die abgründige
Atmosphäre des Albums wieder. Eine verwaschene Photographie zeigt
den Ausschlag eines Oszilloskops. Fast scheint es, als würde diese
Darstellung eines technischen Messgeräts darauf hinweisen, dass „Evolution“
als peinlich genauer Laborversuch entworfen wurde. Die kompositorische
Präzision legt dieses nahe und macht „Evolution“ zu einer
gelungenen und spannenden Veröffentlichung mit langer Halbwertszeit.
Patrick Kilian
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