Steve von Till

A Grave is a Grim Horse

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(Neurot 2008) CD 11 Tracks

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Scott Kelly

The Wake

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(Neurot 2008) 7 Tracks

Die Ritual-Hardcore-Formation aus San Franzisko Neurosis ist nach fast drei Jahrzehnten legendäre, und es ist kein Geheimnis, dass die beiden Gründer Steve von Till und Scott Kelly bereits seit vielen Jahren auch eigene Pfade beschreiten. Steve von Till hat unter eigenem Namen bereits zwei Alben und als Harvestman eines herausgebracht. "A Grave is a Grim Horse" ist sein drittes Soloalbum. Scott Kelly legte unter seinem Namen bereits ein Album vor, aber auch Blood and Tide sollte nicht vergessen werden. "The Wake", seine zweite Solo-CD, erscheint nun parallel zum Album des Bandkollegen.

Steve von Till hat ein deutliche Entwicklung hinter sich. War die erste CD "As the Crow flies" noch geprägt von Runenmystik und Neofolk-artigen Arrangements, erschien "If I Should Fall to the Field" bereits differenzierter und mehr Country-orientiert. "A Grave" wird nun direkt als Alternative Country angekündigt, das sollte aber nicht täuschen: Im Zentrum steht immer noch die träge Gitarre und von Tills dunkel-fatalistische Stimme. Extreme Finsternis senkt sich über das Land, das deutlich als Amerika gekennzeichnet ist. Anders als seine britischen Kollegen konzentriert sich von Till inzwischen ganz auf amerikanische Folktraditionen. Und so ähnelt er fast dem letzten offiziellen Johnny Cash-Album "A Man Comes Around" - ein große Qualität. Zudem hat er hier erstmals auch explizit gecovert: "Clothes of Sand" von Nick Drake, "Willow Tree" von Mickey Newberry, "The Spider Song" von Tonwes van Zandt und "Promises" von Lyle Lovett erfahren in seiner minimalistischen Bearbeitung eine intensive Aktualisierung. Doch auch mit dem eigenen Material - aufgewertet durch Orgel, Streicher und andere Elemente - bleibt sich von Till treu, und das mystische Artwork und die Binderune fehlen auch nicht. "A Grave is a Grim Horse" dürfte somit eines der eindrucksvollsten apokalyptischen Folkalben des Jahres bleiben.

Scott Kelly schickt sich an, dieses Konzept auf seine eigene Weise zu verdichten: Ihm genügen über weite Strecken fragil angeschlagene Gitarrenakkorde, stets im untersten Moll-Bereich, und seine brüchig-grollende Stimme. Folk-noir wird seine Variante betitelt, nd bereits das Cover kündet vom Untergang und Verfall: American Gothic Folk der subtilen Art. das Raubtier schlummert und knurrt leise vor sich hin - so entfaltet Kelly seine schwarze Welt vor dem faszinierten Hörer. Blutmystik ("The Ladder in My Blood", "Catholic Blood") und höhere Spiritualität ("Saturn's Eye" "The Searcher") bieten viel Stoff für nachdenkliche Abende. "The weather never changes in my world" heißt es in dem gleichnamigen Song ("In my World"). "The Wake" entpuppt sich als wunderbarer Counterpart zu Steve von Tills neuem Opus, auch wenn Kelly sich den gelegentlichen Ausbruch gestattet (etwa in "Saturn's Eye"). Bleibt nur ein kleiner Haken: Nach 35 Minuten ist der Zauber bereits vorbei. Aber auch das ist hier ein Zeichen absoluter Verdichtung und Reduktion...

Neurosis, deren monumentales letztes Album "Given to Rising" (2007) noch immer nachhallt, erfahren ihre Vertiefung und Erweiterung in diesem atemberaubenden Solowerken ihrer Schöpfer. Darauf sollte man nicht verzichten!

Marcus Stiglegger