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Neue Deutsche Filme (Renaissance Medien)
Das 2007 ins Leben gerufene Label Renaissance Medien,
das sich bisher mit der Aufarbeitung diverser Serienklassiker wie beispielsweise
DIE KETCHUP-VAMPIRE (1991) beschäftigte, hat es sich zum Ziel gesetzt,
abseits des Mainstreams sowohl aktuelle als auch vergangene Fundstücke
des Kinos und Fernsehens neu zu entdecken und in sauberer Qualität
und attraktiver Aufmachung zu veröffentlichen. Das neue, ambitionierte
Renaissance-Projekt stellt hierbei die Reihe „Neue Deutsche Filme“
da. Im Rahmen der Reihe sollen interessante Ergebnisse des gegenwärtigen
deutschen Filmschaffens präsentiert werden und dabei vor allem Debutfilme
junger Regisseure Berücksichtigung finden.
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Autopiloten (2007)
Regie & Drehbuch: Bastian Günther
Kamera: Michael Kotschi
Produktion: Martin Heisler, Joachim Ortmanns
Musik: Bernd Begemann, Jens Hafemann
Darsteller: Charly Hübner, Wolfram Koch, Walter Kreye, Manfred Zapatka,
Susanne-Marie Wrage
Technische Angaben
Laufzeit: 105 Min
Bild: 1,85:1 (anamorph)
Sprachen/Ton: Deutsch (Dolby Digital 2.0)
Untertitel: Englisch
Extras: Fotogalerie; Trailer; Audiokommentar (Bastian Günther und
Michael Kotschi); Making Of: „Unterwegs mit den Autopiloten“
(24:32); „Jörgs Disko“ (5:01)
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Neandertal (2006)
Regie: Jan-Christoph Glaser, Ingo Haeb
Drehbuch: Ralf M. Mendle
Kamera: Sarah Levine
Musik: Jakob Ilja
Produktion: Medienfonds GFP, Peter Rommel Productions, Zweites Deutsches
Fernsehen
Darsteller: Jacob Matschenz, Andreas Schmidt, Johanna Gastdorf, Falk Rockstroh,
Tim Egloff
Technische Angaben
Laufzeit: 102 Min
Bild: 1,85:1 (anamorph)
Sprachen/Ton: Deutsch (Dolby Digital 2.0)
Untertitel: nicht vorhanden
Extras: Trailer; Audiokommentar (Jan-Christoph Glaser, Ingo Haeb, Ralf
M. Mendle, Jakob Ilja und Jacob Matschenz); Interview mit Ingo Haeb und
Mechthild Hellermann (21:12); Hinter den Kulissen: „Die Maske“
(5:38); Deleted Scenes (7:18)
Die ersten Veröffentlichungen sind hierbei Bastian
Günthers AUTOPILOTEN (2007) sowie NEANDERTAL (2006) von Jan-Christoph
Glaser und Ingo Haeb. Letzterer stellt ein Coming-of-age Drama dar und
schildert die Geschichte des 17-Jährigen Guido, der an Neurodermitis
leidet und darüber hinaus mit recht unglücklichen Familienverhältnissen
zurecht kommen muss. Ein tragikomischer Blick auf ein filmisch bisher
kaum erfasstes und visuell zweifellos etwas 'spezielles’ Krankheitsbild.
Der Film denkt pessimistische Elemente und eskalierende Figurenkonflikte
konsequent und ernsthaft zu Ende und macht auch vor garstigen Inszenierungen
der unappetitlichen Hautpartien des Protagonisten nicht Halt – schafft
es dabei aber dennoch, hin und wieder humoristische Töne anzuschlagen
und wirkt somit sehr rund und plausibel.
AUTOPILOTEN lässt den Zuschauer am Leben von vier Männerfiguren
im mittleren Alter teilhaben, die an der Eintönigkeit ihres Lebens
und der daraus resultierenden, schleichenden Unzufriedenheit langsam zu
zerbrechen drohen, aber dennoch mit dem Mut der Verzweiflung versuchen,
die richtigen Entscheidungen für ihre Zukunft zu treffen und hoffen,
mit ihrem Handeln eine Veränderung möglich zu machen. Das Geschehen
wird episodenhaft verflochten und in ruhigen, teils sehr melancholischen
Bildern dargestellt, meist ganz und gar unspektakulär, aber gerade
dadurch ausgesprochen authentisch und häufig sehr zermürbend.
Die Filme liegen in sehr gut verständlichem Dolby Digital
2.0-Sound vor, NEANDERTAL bietet dabei nur die deutsche Sprache ohne jegliche
Untertitel. AUTOPILOTEN bietet stimmige englische Untertitel, allerdings
nur zum Filmton, nicht zum mitgelieferten Audiokommentar – ein wenig
inkonsequent. Apropos Audiokommentar: Die Kommentare beider DVDs sind
ein wenig zu leise abgemischt (vor allem bei AUTOPILOTEN) und werden an
manchen Stellen sogar vom Hauptton des Films übertönt, hier
wäre ein wenig mehr Feingefühl angebracht gewesen. Das Bild
besticht bei beiden Filmen durch gute Kontraste, Probleme treten allerdings
bei dunklen Passagen auf, hier finden sich bei genauem Hinsehen oft merkliche
Blockbildungen, was wohl dem Komprimierungsverfahren der DVDs zuzuschreiben
ist, manche Bilddetails sind an diesen Stellen schlichtweg kaum zu erkennen.
Die neue Renaissance-Reihe wirbt für sich unter anderem
mit umfangreichen Extras, welche allen Filmen hinzugefügt werden.
AUTOPILOTEN und NEANDERTAL zeigen, dass die Extras in der Tat mit Engagement
umgesetzt wurden. Interviews sind ansprechend gestaltet und bieten zum
Teil interessante Ergänzungen, die jeweiligen Teams zeigen sich recht
offen was die Dokumentation von Drehablaufen angeht und gestatten so interessante
Einblicke bzw. steuern während der Dreharbeiten gefilmtes, unterhaltsames
Material bei. Die formale Qualität der Extras ist – abgesehen
von den erwähnten Patzern bei den Audiokommentaren – einwandfrei,
jedoch wäre an manchen Stellen ein wenig mehr inhaltlicher Tiefgang
wünschenswert gewesen, denn die Filme liefern dafür Ansatzpunkte
zu Genüge.
Die Renaissance-Reihe zum Neuen Deutschen Film wagt
ein schwieriges Spagat: Sie präsentiert unkonventionelle, teils schwere
Kost in unterhaltungsorientierter Form: technisch sauber aufbereitet und
mit allerlei verspielten Gimmiks versehen. Weitere Titel der Reihe dürfen
gespannt erwartet werden und könnten sich durchaus als interessante
Ausblicke auf das aktuelle, deutsche Filmgeschehen erweisen. Letztlich
besteht aber mit Sicherheit die Gefahr, dass weder das reine Unterhaltungspublikum
noch die dezidiert anspruchsvoll orientierten Kunden sich dauerhaft für
die „Neuen Deutschen Filme“ begeistern können.
Dennis Vetter, 20.2.2009
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