Nine Inch Nails
Year Zero
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(Nothing 2007) CD 16 Tracks
Es gibt keinen Zweifel: Trent Reznor ist mit 'Year
Zero' ein souveränes Elektronik-Rock-Album gelungen, das wie eh und
je mit noisigen Elementen, knalligen Beats, zerrenden Gitarrenriffs und
pessimistischen Vocals aufwartet.
Wer hier von Industrial spricht, hat möglicherweise
nie wirklich verstanden, worum es bei Nine Inch Nails von Anfang an ging:
Reznor mag als Musiker beeinflusst sein von den Industrialbands der ersten
Garde (Throbbing Gristle, Coil, SPK), doch der direkteste Bezug liegt
zweifellos bei Ministry, deren Roadie er einst war, und deren Status als
'Godfathers of Industrialmetal' er spätestens mit 'Downward Spiral'
abgelöst hatte. Mit 'Fragile' konnte er seinen Ausnahmestatus zwischen
Experimentalelektronik und poppigen Rockallüren noch einmal beweisen,
bis 'With Teeth' im letzten Jahr 2006 endgültig den Abgang Richtung
Alternativemetal anzudeuten schien. Umso erfreulicher erschien die Ankündigung
Reznors, mit 'Year Zero' nicht nur in die alten, rauhen Gefilde zurück
zu kehren, sondern zudem mit einem kompletten inhaltlichen Konzept aufzuwarten,
das Inhalt und Form zu einer neuen Einheit zusammenführen sollte.
Die Idee, musikalisch schnörkelloser zu werden, scheint
mit dem Alter zu kommen, und bereits Ministry hatten ihren einstigen Erneuererstatus
ausgerechnet mit straighten Rockalben wie 'Dark Side of the Spoon' verspielt.
Und im Gegensatz zu der atmosphärisch dichten und technisch aufwändigen
letzten Tour kehrte Reznor ausgerechnet zu 'Year Zero' mit einem erdig-rockigen
Konzept auf die Bühne zurück. Das ist weniger 'arty' als 'The
Fragile', aber es begeistert immerhin die Teenies.
Mehr als zuvor baute Nine Inch Nails im Vorfeld auf die
Promotion im Internet. Häppchenweise verbreitete er gefakete Homepages
mit Verschwörungstheorien, die sich auf Songs des neuen Albums beziehen
(siehe unten). In Interviews fiel wieder öfter der Begriff 'Industrial',
und auch ideologisch gab sich Reznor weniger pessimistisch als vielmehr
politisch bewusst und kritisch. 'Year Zero' konnte also Interesse sichern.
Das Album selbst, das nun in einem schön gestalteten Digipak mit
dickem Booklet vorliegt, macht nachhaltig deutlich, dass wir es mit einer
Antiutopie zu tun haben. In der nahen Zukunft Amerikas hat der Krieg das
Diktat übernommen. Glaubenskonflikte und Umweltkriesen haben jede
Idylle vernichtet. Im Innencover sehen wir eine Bibel und ein Maschinengewehr
- die neuen Wahrzeichen dieser Welt. Und dieses Dystopia beklagen auch
die Texte, die sich mit Titeln wie 'The Good Soldier' oder 'Survivalism'
programmatisch geben. 'The Beginning of the End' eben.
All das ist nicht wirklich revolutionär und neu,
aber es ist immerhin monumental und professionell umgesetzt. Reznors Texte
wirken manchmal erstaunlich naiv, so dass die Vermutung nahe liegt, er
meine es wirklich ernst mit seiner ohnmächtigen Wut - wie seine immer
wiederkehrende Phrase: 'Nothing can stop me now, 'cause I don't care any
more...' Damit kann sich der wilde Cyberpunk ebenso identifizieren wie
der enttäuschte GI im Irak. Nur der aufgeklärte Europäer
wünscht sich seine etwas sorglosere Jugend zurück, wo so ein
Aufschrei schon den Hauch der Revolte barg. 'Year Zero' - 'Ground Zero'...
Nine Inch Nails sind auf jeden Fall noch immer im Spiel, wenn auch weniger
beklemmend als - sagen wir mal - die frühen Godspeed You! Black Emperor.
:ms:
Titelverzeichnis
1. Hyperpower!
2. The Beginning of the End
3. Survivalism
4. The Good Soldier
5. Vessel
6. Me, I'm Not
7. Capital G
8. My Violent Heart
9. The Warning
10. God Given
11. Meet Your Master
12. The Greater Good
13. The Great Destroyer
14. Another Version of the Truth
15. In This Twilight
16. Zero Sum
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