Virginie Notte Modern Pin-Up Pin-Ups sind eine Gratwanderungen zwischen Erotik und Pornographie und Ausdruck der herrschenden Moralvorstellung. An ihnen kann abgelesen werden, wie weit die moralische Empörung beim Zeigen eines nackten Körpers geht, wo die Grenzen zwischen erotischer, leicht anrüchiger Darstellung und handfester Pornographie liegen – in heutigen Zeiten hat das Pin-Up allerdings als erotischer Impulsgeber kaum noch Bedeutung, die Subtilität wurde schon lange durch das reine Zeigen abgelöst. In den frühen Dreißigern des letzten Jahrhunderts reichte allerdings bereits eine keck gezeigt Schulter in der Öffentlichkeit, um die Phantasie zu beflügeln und die Moralisten zu echauffieren. In den 80er hingegen hingen die Werkstätten und Armeespinde voller komplett entkleideter Damen. Das Pin-Up ist auch stets Ausdruck einer gewissen White-Trash-Kultur gewesen, aber auch eines träumerischen Sexismus, der in den Bildern der Sehnsucht nach dem jeweiligen weiblichen Idealbild, der jeweiligen sexuellen Phantasie nachhing. In Pin-Ups steckt jedoch oft auch mehr und Modelle wie Betty Page konnten über ihre Bilder sogar die ersten zaghaften SM- und Bondage-Posen salonfähig machen. Das erklärte Ziel des Bildbandes Modern Pin-Up ist diesen unterschiedlichen Abstufungen zu huldigen, was durchaus gelingt. Die Models zeigen keine nackte Haut, aber dafür die Anziehung von geschickt eingesetzter Kleidung und Posen, full-frontal nudity ist eben nicht immer gleichbedeutend mit Erotik. Einige der Bilder sind mehr rein historisch, so ist das Model mit 50-Jahre Petticoat und Vespa am zünftigsten bekleidet und spiegelt die herrschende Moralvorstellung der Eisenhower-Ära wieder. Einen persönlichen Schlussstrich zieht auch Porno-Star Ovidie, die sich hier in Bikini und hochschwanger ablichten ließ – eine wohl eindeutige Absage an ihr einstiges Business. Mondern Pin-Up ist zwar stellenweise zu brav und hätte etwas mehr Mut und vor allem Kohärenz gefordert, zudem fehlt ein theoretisch Text, ein historischer Aufriss, um die Intentionen und das Thema besser zu verstehen. Als photographische Hommage an das Pin-Up ist der Bildband allerdings durchaus gelungen. Martin Kreischer Zu beziehen über www.editions-ragage.com |
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