Merry Christmas Mr. Lawrence

BESTELLEN

DVD
Originaltitel: Merry Christmas, Mr. Lawrence
Label: Arthaus
Produktionsjahr: 1982
Produktionsland: Großbritannien/Japan
FSK 16
Lauflänge: ca. 118 Minuten
Regie: Nagisa Oshima
Bild: 1,78:1 (anamorph)
Sprachen/Ton: Deutsch, Englisch (Stereo DD)
Untertitel: Deutsch
Extras: Fotogalerie; Interview mit Produzent Jeremy Thomas; Making of „The Oshima Gang“; Trailer; Wendecover

In den frühen 1960er Jahren wurde Nagisa Oshima zum bedeutendsten Erneurer des japanischen Kinos. Mit seinen politisch wie sinnlich provokativen Werken etablierte er einen weltweit einflussreichen Ruf. Nach dem Skandalerfolg mit IM REICH DER SINNE drehte er vermehrt international finanzierte Spielfilme, darunter MAX MON AMOUR mit Charlotte Rampling und den Kriegsfilm MERRY CHRISTMAS, MR. LAWRENCE.

Mit bis heute unerreichter Radikalität erzählt Oshima in MERRY CHRISTMAS nach einem autobiografischen Roman von Laurens van der Post vom Martyrium eines britischen Soldaten, der zum Wunschopfer eines homosexuellen japanischen Offiziers wird: 1942 kommt der britische Colonel Lawrence (Tom Conti) in ein japanisches Kriegsgefangenenlager im Dschungel von Java. Unmenschliche Bedingungen erschöpfen Körper und Geist, doch ein respektvolles Verhältnis mit dem Lagerkommandanten Yonoi (Ryuichi Sakamoto) sichert Lawrence' Position. Als der unbeugsame junge Major Cellier (David Bowie) ins Lager eingeliefert wird, entspinnt sich ein Machtkampf zwischen ihm und Yonoi. Eines Tages demütigt Cellier Yonoi, um das Leben eines Mitgefangenen (Jack Thomposon) zu retten und wird zum begehrten Wunschopfer des emotional irritierten Kommandanten.

In eleganten wie distanzierten Bildern und zum elegischen Popsoundtrack von David Sylvian und Ryuichi Sakamoto entfaltet dieser bittere Film eine verzweifelte Idee transkultureller Kommunikation, die sich letztlich nur zwischen Lawrence und einem japanischen Soldaten Hara (Takeshi Kitano) entwickelt und in dem titelgebenden Satz gipfelt: "Merry Christmas, Mr. Lawrence" signalisiert eine Art ideelle Brücke, die kaum noch möglich schien. So gelingt Oshima ein Kriegsfilm ohne Kriegshandlung, der dennoch die essenz menschlicher Destruktivität trägt - "Die Saat und der Säer" hieß bereits van der Posts Roman.

Nach einer minderwertigen und zudem gekürzten deutschen DVD veröffentlicht Kinowelt dieses oft ignorierte Meisterwerk japanisch-englischer Herkunft in gepflegter Schärfe, anamorphem 16:9 und mit englischen Originalton. Hier ist die Synchronisation nicht zu empfehlen, da der starke japanische Akzent von Kitano und Sakamoto nicht berücksichtigt wird. Dazu bekommen wir noch eine zeigenössische Dokumentation "The Oshima Gang", die den Weg des Films zum Festival nach Cannes begleitet und interessante Interviews u.a. mit Oshima und Bowie bietet. Technisch und inhaltlich kann man kaum mehr von dieser Edition erwarten. Eine großartige Chance, diesen Film wiederzuentdecken.

Marcus Stiglegger