Light Sleeper

3/5

Anbieter: Kinowelt.
Originaltitel: Light Sleeper.
USA 1991.
Regie: Paul Schrader.
Laufzeit: 98 Minuten. Bild: Farbe, 1:1,85. Ton: englisch (2.0 Mono), deutsch (2.0 Mono). Untertitel: deutsch.
Bonus: Trailer, Kommentar von Paul Schrader, Szenenstatements von Willem Dafoe und Susan Sarandon.

Den Namen Paul Schrader kennt man eher von seinen Drehbüchern für Martins Scorsese: TAXI DRIVER (1976), RAGING BULL (1980), THE LAST TEMPTATION OF CHRIST (1988), BRINGING OUT THE DEAD (1998) – existenzielle Dramen über Schuld und Erlösung entstammen seiner Feder. Und doch ist Schrader seit 1978 auch als Filmemacher aktiv: AMERICAN GIGOLO (1980) mit Richard Gere war ein erster großer Erfolg, dann CAT PEOPLE (1981) mit Nastassia Kinski und natürlich MISHIMA (siehe Artikel in dieser Ausgabe). Auch filmwissenschaftlich hat sich Schrader etabliert. In seinem Buch Transcendental Style in Film (1972) untersucht er am Werk von Yasujiro Ozu, Robert Bresson und Carl Theodor Dreyer deren Versuch, das Heilige filmisch zu inszenieren und entdeckt erstaunliche transkulturelle Gemeinsamkeiten. Zugleich mag dieses Buch als Zugangshilfe für seine eigenen, fast existenzialistisch kargen Spielfilme dienen. Anders als der detailverliebte Scorsese inszeniert er eher flächige und symmetrische Welten, in denen seine Antihelden zerbrechen.

LIGHT SLEEPER ist Schraders Versuch, eine eigene Version der Welt des TAXI DRIVERs Travis Bickle zu beschwören. Doch die Metropole der neunziger Jahre bietet dem Loner ein anderes Gesicht als das New York der Siebziger: Designer-Drogen und Koks beherrschen das Milieu, das Glitzern der Neonreklamen auf dem Asphalt ist eine Spur glamouröser geworden, während sich der Müll in den Straßen langsam häuft. Willem Dafoe spielt den ‘Glückslieferanten’ der gehobenen Gesellschaft, der in einem verzweifelten Akt seine Exfrau zurückgewinnen und mit dem Milieu abrechnen möchte. Der Regisseur wählt nun unverblümt den Bressonschen „transzendentalen“ Zugang und erzählt seine Version der Suche eines sündigen Mannes nach Erlösung in spartanischen Bildern, in ihrem Aufbau gegen Ende an Heiligenikonen erinnernd. Es ist ein glatter Popsong, der zur Sterbehymne des Protagonisten wird, und wie in AMERICAN GIGOLO gerät der Weg in die Einsamkeit des Gefängnisses zu einem Anschein der Erleichterung. Nie war die Suche nach Gott präsenter, nie war ein Schrader-Held „heiliger“. Dazwischen: Gespräche über Drogen und Religion, gescheiterte Beziehungen, spontane Begierden und Ausbrüche der Gewalt; Gesichter einer „gottlosen“, fauligen Welt, „schwarz nicht vom Dunkel der Nacht allein“ (Raymond Chandler).

Es ist Kinowelt zu verdanken, dass dieser Film endlich eine angemessene Veröffentlichung auf DVD erfährt und nicht als Lowbudget-Titel enden muss. Schraders intellektueller Kommentar ist wie stets hoch informativ und wird anhand separater Sequenzen durch die beiden Hauptdarsteller passend ergänzt, und der Neo-Noir-Charme dieses transzendentalen Thrillers sah (optisch) selten faszinierender aus. Leider sind beide Tonspuren nur in Mono vorhanden, was vor allem beim Einsatz der Musik etwas schwächlich ausfällt. Dennoch: Eine Entdeckung dieses Filmemachers steht noch immer aus...

Marcus Stiglegger