Ich folgte einem Zombie (Arthaus Retrospektive)

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Originaltitel: I Walked with a Zombie
Label: Arthaus
Genre: Horror
Produktionsjahr: 1943
Produktionsland: USA
FSK 12
Lauflänge: ca. 66 Minuten
Bild: 1,33:1 (4:3 Vollbild)
Sprachen/Ton: Deutsch, Englisch (Mono DD)
Untertitel: Deutsch
Extras: Wendecover
DVD im Verkauf ab 06.09.2012

Jacques Tourneur schuf in den 1940er jahren einige der bedeutendsten Film aus dem Kontext des Film Noir, darunter GOLDENES GIFT, aber auch Grenzfälle, wie die Horrorfilme KATZEMENSCHEN und ICH FOLGTE EINEM ZOMBIE, die nun beide bei Studiocanal/Arthaus als DVD vorliegen.

Der Begriff 'Zombie’ entstammt der afrikanischen Sprache Kimbundu und bedeutet 'Totengeist’ (nzùmbe). Durch den 'Import’ afrikanischer Sklaven nach Mittelamerika (speziell auch Haiti) wurden einst Elemente afrikanischer Kulte transferiert und verschmolzen mit Teilen christlicher Religion zu einem vielschichtigen Synkretismus. Als Haiti unter US-amerikanischer Besatzung stand (1915-1934), verbreiteten sich Begriffe und Elemente des Voodoo-Kultes bis nach Nordamerika, wo diese popularisiert und mythisiert wurden. So wird noch heute in den Südstaaten der 'Voodoo-Zauber’ (abwertend als 'Hoodoo’) gefürchtet und verehrt. Unter einem 'zombie cadavre’ versteht man im Voodoo-Kult einen Menschen, der mittels eines Pulvers getötet wird, und wenig später als willenloses Wesen wieder aufersteht, um dem Priester ('houngan’) zu dienen. Lange hat die Ethnobotanik nach Erklärungen für den Effekt dieses mysteriösen Pulvers gesucht. So geht der Ethnologe Wade Davis davon aus, dass dabei das Kugelfischgift Tetrodotoxin in Wechselwirkung mit der Datura-Gurke Verwendung findet. Andere Ansätze gehen davon aus, dass die wenigen als 'Zombies’ bekannten Menschen schlicht fehlidentifizierte, geisteskranke Obdachlose seien. Der Mythos jedoch besagt, diese Menschen seien einst gestorben und als Zombies wieder erwacht, was sie zu apathisch herumirrenden verlorenen Seelen begradiere. Davis konterte später mit der These, dass alle ermittelten Faktoren, biologische wie soziale, am Prozess der Zombifikation beteiligt seien (Davis 1988.1, S. 212). Wichtig sei vor allem der Glaube an die Wirksamkeit der Rituale – eine These, die Wes Cravens effektvolle Verfilmung von Davis’ erstem Buch The Serpent and the Rainbow (Die Schlange im Regenbogen, 1987) phantasievoll 'widerlegte’.

Da die Angst vor der Wiederkehr der Toten als menschheitsgeschichtliche Universalie begriffen werden kann, beziehen sich zahlreiche religiöse Ursprungsmythen auf Ideen der Wiederauferstehung der Toten. Aus Vorsicht wurden Totenwachen und Bestattungsrituale eingeführt, die diese beängstigende Wiederkehr verhindern sollten. Dennoch tauchen sie auf: die Untoten, die Wiedererwachten, die ruhelos Umherwandernden. Direkt bezogen aus der Popularisierung haitianischer Mythen wandte sich Hollywood bald einer filmischen Adaption zu. White Zombie (1932) von Victor Halperin mischte Motive von Kolonialismuskritik, Sklaverei-Problematik und religiösem Synkretismus zu einem beängstigenden Modell. Die Voodoo-Religion florierte auf Haiti vor allem als Form der Abwehr gegen die französische Kolonialmacht und brachte zahlreiche Geheimorganisationen hervor, die Geschichten von Zombifizierung und ewigen Flüchen florieren ließen. Zugleich war Voodoo die Religion der ehemaligen Sklaven, deren Wut sich gegen die Plantagenbesitzer richtete. In White Zombie wird der Voodoo-Zauber missbraucht, um private Begierden zu befriedigen und willenlose kapitalistische Sklaven zu züchten („They don’t mind hard work“). Schließlich soll auch die widerspenstige 'weiße Frau’ zum willigen Zombie gemacht werden, zum 'White Zombie’. Die totale Verfügbarkeit des Körpers – der Endpunkt des radikalen Kapitalismus – steckt bereits in diesem ersten filmischen Beispiel als latent kritischer Subtext.

Den einflussreichsten Klassiker dieses Voodoo-Subgenres schufen Jacques Tourneur und Produzent Val Lewton mit ICH FOLGTE EINEM ZOMBIE (Ich folgte einem Zombie, 1942). Dramaturgisch orientiert an dem Bronte-Klassiker 'Jane Eyre’ erzählt der Film auf der ersten Ebene von einer Krankenschwester (Frances Dee), die nach Jamaika geladen wird, um sich dort um die seelisch kranke Ehefrau (Christine Hordon) eines Plantagenbesitzers (Tom Conway) zu kümmern. In den geheimnisvollen Ritualen der Jamaikaner lernt sie eine mächtige, fremde Welt kennen, die sie umgehend nutzen möchte, um die Patientin von ihrer Apathie zu heilen. Doch diese steht bereits im Banne eines Voodoo-Zaubers.

In der lobenswerten filmhistorischen Edition "Arthaus Retrospektive" erscheint ICH FOLGTE EINEM ZOMBIE als Beitrag zum Jahr 1943. Ohne Bonusmaterial, dafür im Originalbildformat (1,33.1), in kontrastreichem Schwarzweiß und mit deutscher und englischer Tonspur ist der psychologische Horrorfilm eine Wiederentdeckung wert, stellt er doch einen so nötigen Gegenpol zur gegenwärtig populären Inflation der kannibalischen Untoten dar, die heute als 'Zombies' bekannt sind.

Text zum Zombiefilm

Marcus Stiglegger