Die Hollywood-Verschwörung

4 / 5 Sterne

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Altersfreigabe (FSK) 12
Laufzeit ca. 126 min
Regisseur Allen Coulter
Veröffentlichungstermine 15.02.2007 [ Kinostart ]
26.07.2007 [ Verleih ]
26.07.2007 [ Verkauf ]
Anbieter Label: Miramax Home Entertainment Vertrieb: Buena Vista Home Entertainment
Ländercode 2
Bildformat(e) High Definition (1.85:1) - 1080p
Tonformat(e) Deutsch: DTS 5.1
Deutsch: Dolby Digital 5.1
Englisch: PCM 5.1
Englisch: Dolby Digital 5.1
Italienisch: DTS 5.1
Italienisch: Dolby Digital 5.1
Französisch: Dolby Digital 5.1
Untertitel Deutsch Englisch Italienisch Französisch

Untertitel für Hörgeschädigte Englisch
Ausstattung Kapitel- / Szenenanwahl
Animiertes DVD-Menü
Menü mit Soundeffekten
Audiokommentar von Regisseur Allen Coulter
Der Glamour des alten Hollywood
Hinter den Schlagzeilen
Hollywood damals und heute

Hollywood will fuck you when no one else will. Thematisch erinnert dieser Film mitunter stark an Brian De Palmas THE BLACK DAHLIA (2006), das große Meisterwerk des letzten Kino-jahres. Eine Dekade nach vorne springt HOLLYWOODLAND aber, von 1947 nach 1959, um der Traumfabrik in Los Angeles endgültig beim Sterben zuzusehen. Hollywoods verführerische Glanzzeit geht zu Ende, der große Glamour bei MGM und Paramount sieht sich nach dem Krieg sukzessive im Schwinden begriffen. Abgehalfterte Nebendarsteller sind es, die der Film portraitiert, bereit dazu, alles für die alteingesessenen, mafiosen Hollywood-Mogule zu tun - die ihrerseits bereits resignierend erkannt haben, dass der Siegeszug des billig produzier-ten Fernsehens gegenüber dem teuren Kino nicht mehr aufzuhalten ist.

Inmitten dieser andauernden Agonie ereignet sich ein spektakulärer Todesfall: George Reeves (Ben Affleck), landesweit bekannter Star und Hauptdarsteller der TV-Serie Superman wird erschossen aufgefunden. Analog zu Elizabeth Short aus THE BLACK DAHLIA handelt es sich bei Reeves um eine historische Persönlichkeit, und wie THE BLACK DAHLIA spinnt HOLLYWOODLAND den historischen Kriminalfall als fiktive Räuberpistole weiter: Weil die Polizei von Selbstmord spricht, beauftragt Reeves’ Mutter den schäbigen Privatdetektiv Louis Simo (Adrian Brody) mit weiteren Ermittlungen. Simo stößt schnell auf Unstimmigkei-ten, die von der zweiten Erzählebene des Films aufgegriffen werden. Diese beschreibt - verschachtelt in die erste - Reeves’ zweifelhafte Karriere in Hollywood und portraitiert den Superman-Darsteller dabei als arroganten Schmierenkomödianten, der am Liebsten im Blitzlichtgewitter der Boulevard-Presse posiert und versucht, sich durch die Betten einflussreicher Gönnerinnen nach oben zu schlafen – bis hin zu Fred Zinnemans FROM HERE TO ETERNITY (1953), aus dem er aber wieder herausgeschnitten wird, weil das Publikum ihn bei einer Testvorführung amüsiert als Superman identifiziert.
Anders als die unbeholfene Elizabeth Short aus THE BLACK DAHLIA ist der geltungssüch-tige George Reeves kein liebenswerter Sympathieträger. Und anders als THE BLACK DAHLIA ist HOLLYWOODLAND nicht große Oper, eher existentialistisches Theater. Stilis-tisch, da liegen ganze Welten zwischen HOLLYWOODLAND und THE BLACK DAHLIA. Bei De Palma entwickeln die anamorphisierten Oberflächen ein Eigenleben, einen ästhetischen Mehrwert, der alle diegetische Motivation übersteigt. In HOLLYWOODLAND dagegen fungieren die rezitativen Passagen nicht bloß als transitorisches Moment, als Überleitung zu den prägnanten Arien. Regie-Debütant Allen Coulter erzählt trotz der komplexen Rückblendenstruktur funktional bis neoklassisch; fast asketisch wirkt seine zurückhaltende Insze-nierung angesichts De Palmas barocker Formen. Coulter setzt damit stilbewusst seine Arbeit für den amerikanischen Pay-TV-Kanal HBO fort, der mit den Serien The Sopranos, Six Feet Under und Rome das US-Fernsehen in den letzten Jahren revolutioniert hat. Wie eine HBO-Serie auf Spielfilmlänge wirkt HOLLYWOODLAND bisweilen. Ein schöneres Kompliment kann man derzeit einem Kinofilm kaum machen.
Hollywoodland zählt – in Nachfolge von Roman Polanskis CHINATOWN (1974), Tony Scotts REVENGE (1990) oder Carl Franklins ONE FALSE MOVE (1991) - zu den sunshine noirs, jenen sonnendurchfluteten Kriminal-Melos, die abseits dunkler Schatten eine tief-schwarze Geschichte erzählen – um Liebe, Verrat und Einsamkeit. Als tone, als Stimmung und Zeitgefühl, hat schon Paul Schrader den Film noir einst definiert, in seinen berühmt ge-wordenen Notaten dazu. Später setzte er seine Theorie selbst in die Praxis um: AMERICAN GIGOLO (1980), LIGHT SLEEPER (1992) und AUTO FOCUS (2002) – wie Hollywoodland ein Beispiel für true crime fiction im Milieu der Traumfabrik – sind die paradigmatischen Noir-Filme des postklassischen Hollywood-Kinos. Auch in HOLLYWOODLAND geht es um god’s lonely men, um Verführung und Lust, um Sex & Crime, um Verbrechen und Strafe. Allen Coulter interessieren anders als De Palma dabei nicht so sehr die tiefen Abgründe des „Hollywod Babylon“ (Kenneth Anger), er erzählt die Geschichte einer zweiten Menschwer-dung. Man glaubt in HOLLYWOODLAND etwas von jener Dialektik zwischen Konkretem und Abstrakten, jenem transcendental style wieder zu erkennen, den Paul Schrader bei Ozu, Bresson und Dreyer beschrieben hat: Eine Kinematographie, die das Ab- und Jenseitige der menschlichen Existenz thematisiert, „a form which expresses something deeper than itself“.

Die zentrale Sequenz von HOLLYWOODLAND steht ganz am Ende, wenn der vermeintliche Mordfall um George Reeves, die ewige whodunit-Frage plötzlich keine Relevanz mehr be-sitzt, und der Detektiv Simo auf sich alleine zurückgeworfen das persönliche Verhältnis zu Sohn und Ex-Frau gänzlich neu definieren muss. Ein transzendentaler Epilog ist das, ver-gleichbar dem stillen Ende von Bressons PICKPOCKET (1959), mit einer ähnlichen Moral. Aus dem hermetischen Gefängnis der selbstbezogenen Existenz gibt es nur einen Ausweg: Das vorbehaltlose Sich-Auföffnen, hin zu den Mitmenschen.

Ivo Ritzer

PS: DIE HOLLYWOOD-VERSCHWÖRUNG ist bei Buena Vista auf DVD und Blue Ray erschienen. Der Film ist dort in sehr guter Bildqualität mit etwas bescheidenem Raumklang zu sehen. Neben dem Audiokommentar des Regisseurs finden wir hier vor allem konventionelle Featurettes über das klassische Hollywoodsystem, die sich an die Aufmachung des thematisch wie stilistisch änchlichen L.A.CONFIDENTIAL (Warner) anzulehnen scheinen.

Film (c) 2007 Buena Vista Home Entertainment, Inc.