Peter Greenaway bei Kinowelt - Special

Love him or hate him - Peter Greenaway hat das Gesicht des europäischen Autorenkinos für immer verändert. Mit dem Gestus der aufgeklärten Spätmoderne klagt er für das Kino den Status des Bildungsmediums ein und riskiert, sein Publikum mit Kulturmonatagen und -collagen zu konfrontieren, die schon in einigen Jahren kaum noch verständlich sein dürften. Konventionelle Relationen des kommerziellen Kinos wie Authentizität, Spannungsdramaturgie, Romantik oder Situationskomik sind bei Greenaway entweder völlig ausser Kraft gesetzt oder werden auf bizarre Weise gegen den Strich gebürstet. Dabei hat Greenaway nie einen Hehl aus seinen Absichten gemacht: Er erwartet von seinem Publikum schlicht ungeteilte Aufmerksamkeit und Vorbildung. Insofern sind vor alle jene frühen Spielfilme, auf denen sich Greenaways Ruf gründet, grandiose Filmkunstwerke, die vor Ideen nur so überschäumen...

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Ein Z und Zwei Nullen

5/5 Sterne

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Originaltitel: A Zed & Two Naughts
Label: Arthaus
Genre: Drama
Produktionsjahr: 1985
Produktionsland: Großbritannien/Niederlande
Lauflänge: 112 Minuten


Nach DER KONTRAKT DES ZEICHNERS hatte sich der experimentelle Filmkünstler Peter Greenaway als einer der herausforderndsten Filmemacher des New British Cinema etabliert. Erwartungen waren hoch und wurden von ihm auf entsprechend radikale und unkonventionelle Weise beantwortet. Z.O.O. ist ein unterhaltsamer Essay über die Vergänglichkeit, über Verwesung und zugleich die Grundzüge der Evolution - allesamt Motive, die man aus Greenaways Werk kennt. Naturalismus und stringente Psychologie bleiben hier vollends auf der Strecke und weichen einem übersteigerten Welttheater, das seinen eigenen Regeln gehorcht - und diese selbst zum Thema macht:

"Nachdem ihre Frauen durch einen bizarren Autounfall getötet wurden, machen sich die Zwillingsbrüder Oliver und Oswald daran, die Evolutionsgeschichte auf die Ursachen von Verfall und Tod zu untersuchen. Dabei analysieren die beiden Zoologen sämtliche Lebewesen von Bakterien bis hin zu Säugetieren. Schließlich wollen sie die im Zeitraffer festgehaltenen Verfallsexperimente mit ihren eigenen Leichen komplettieren..." (Pressetext)

Wieder griff Greenaway auf sein angestammtes Team zurück, lässt expressive, farbenprächtige Bilder mit Michael Nymans stakkatohafter Orchestermusik fließen und erzeugt ein Filmkunstwerk auf höchstem Niveau.

Für die DVD wurde der Film unter Aufsicht Peter Greenaways neu abgetastet und ist allen bisherigen TV-Ausstrahlungen deutlich überlegen. Neben einem assoziativen Making Of, finden wir hier - wie auch bei DER KONTRAKT DES ZEICHNERS - einen brillianten, gut vorbereiteten und informativen Kommentar des Regisseurs (nicht untertitelt) sowie eine eigens gefilmte Einführung, die sich stilistisch an Greenaways neuer Filme (DIE BETTLEKTÜRE) anlehnt. EIN Z UND ZWEI NULLEN ist eine hervorragend aufbereitete DVD-Veröffentlichung und macht das Werk eines der bedeutendsten modernen/postmodernen Filmemacher adäquat zugänglich.

Stab
Regie: Peter Greenaway
Drehbuch: Peter Greenaway
Kamera: Sacha Vierney
Produktion: Peter Sainsbury, Kees Kasander
Technische Angaben
DVD Bild: 1,66:1 (anarmorph)
DVD Sprachen/Ton: Deutsch, Englisch (Mono Dolby Digital)
DVD Untertitel: Deutsch (nur Hauptfilm)
DVD Extras: Audiokommentar und Einführung von Peter Greenaway, Making of, Aufnahmen von Verwesung, Trailer
Darsteller
Andréa Ferréol (Das große Fressen, Die Blechtrommel, Franziskus)
Brian Deacon (Triple Echo)
Eric Deacon
Frances Barber (Castaway – Die Insel, Sammy und Rosie tun es, Still Crazy)

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Der Kontrakt des Zeichners

5/5 Sterne

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Originaltitel: The Draughtman’s Contract
Label: Arthaus
Genre: Drama
Produktionsjahr: 1982
Produktionsland: Großbritannien
Kinostart: 30.03.1984
FSK: ab 16 Jahren
Lauflänge: ca. 103 Minuten


Peter Greenaways erste Annäherung an den narrativen Spielfilm macht Anleihen bei der britischen Kriminalgeschichte, unterläuft eine solche konventionelle Struktur jedoch mit einem verschachtelten Modell des gesellschaftlichen (Masken-)Spiels, das die widersinnigsten Momente aus Stanley Kubricks BARRY LYNDON auf den Punkt bringt: Nichts ist, was es scheint. Dabei geht Greenaway deiktisch vor: Er zeigt deutlich seine eigene Position als Filmkünstler in Perspektiven und Wendungen und spricht den Zuschauer in metafilmischen Spielen mitunter direkt an.

"Sommer 1694. Nur zögernd erklärt sich der erfolgreiche Maler Neville bereit, den Herrensitz Compton Anstey in der südenglischen Grafschaft Witshire zu zeichnen. Allerdings besteht der arrogante Künstler darauf, dass die Dame des Hauses ihm neben ihrer Gastfreundschaft auch ihre intimste Aufmerksamkeit widmet. Die Gelegenheit ist günstig, da sich der Inhaber Mr. Herbert gerade in Southampton amüsiert. So bleibt es nicht bei den Schäferstündchen mit Mrs. Herbert, auch deren unglücklich verheiratete Tochter Mrs. Talmann ist bereit für amouröse Gefälligkeiten. Als überraschend Mr. Herberts Leiche aus dem Teich des Anwesens gefischt wird, gerät Neville in Schwierigkeiten. Seine geradezu pedantisch genauen Zeichnungen offenbaren ein paar sonderbare Details..." (Pressetext)

Der Minimalmusic-Komponist Michael Nyman lieferte hier ein frühes Meisterstück ab, das dem verschachtelnden Geschehen durch prägnante Motive Kontinuität verleiht. Die mal statisch-tableauhafte, mal agile Kameraführung vereint mehrere Jahrhunderte Kunstgeschichte und Ästhetik und macht den Film zu einem grandiosen Studienobjekt.

Die nun vorliegende DVD basiert auf brilliantem neuen Ausgangsmaterial, das unter der Aufsicht Peter Greenaways abgetastet wurde und Bild und Ton in einzigartiger Weise rettet. Ein Extrafeature dokumentiert die Rekonstruktion und vergleiht mehrere Fassungen des Films. Die neue DVD hat Refernzcharakter und wird diesem Klassiker des New British Cinema gerecht. Ein sehr informativer und charamanter Kommentar des Regisseurs begeleitet den ganzen Film bitet Aufschluss über einzelne Motive und filmische Kniffe. Ein großartiges Feature ist auch die neu gefilmte Einführung, die in ca. 10 Minuten in Form einer Greenaway-typischen Bild-im-Bildcollage eine erste Annäherung an den Film bietet.

Die Kinowelt-DVD DER KONTRAKT DES ZEICHNERS bestätigt noch einmal den hervorragenden Ruf des Labels als Filmgeschichtsarchiv, das es mit den Reihen zu Wenders, Herzog, Fassbinder und - mit Einschränkungen- auch Bergman erworben hat.

Stab
Regie: Peter Greenaway
Drehbuch: Peter Greenaway
Kamera: Curtis Clark
Produktion: David Payne
Technische Angaben
DVD Bild: 1,66:1 (anamorph)
DVD Sprachen/Ton: Deutsch, Englisch (Mono Dolby Digital)
DVD Untertitel: Deutsch (nur Hauptfilm)
DVD Extras: Audiokommentar und Einführung von Peter Greenaway, Interview mit Michael Nyman, Über die Restaurierung des Films, Behind the Scenes, Deleted Scenes, Trailer
Darsteller
Anthony Higgins (Jäger des verlorenen Schatzes, Die Braut, Bastard)
Janet Suzman (Nikolaus und Alexandra, Nonnen auf der Flucht)
Anne Louise Lambert (Lilian’s Story, Napoleon – Abenteuer auf vier Pfoten, Somersault – Wie Parfüm in der Luft)
Hugh Fraser (Die Stunde der Patrioten)