Gnawed

Feign and Cloak

Label: Malignant Records
Format: 6 Panel Digipak CD, Ltd. 500
Laufzeit: 43:19min
Veröffentlichung: 2. September 2014

Tracklisting: 1. Time Undone; 2. Burning the Hive; 3. The Scale; 4. Feign and Cloak; 5. Pestilence Beholden; 6. Of the Wings and the Carrion; 7. The Drowning Fire; 8. Torch to Cedar.

Hinter dem One-Man Power-Electronics Industrial Projekt Gnawed verbirgt sich der aus Minneapolis, Minnesota stammende Grant Richardson. Obwohl bereits seit 2009 aktiv, und durch eine ganze Reihe an Kassetten- und Split-Veröffentlichungen sowie Compilation-Beiträge in Erscheinung getreten, ist das 2014 von Malignant Records herausgegebene „Feign and Cloak“ erst die zweite Album-Veröffentlichung des US Noise-Künstlers. Klanglich bewegt sich Richardson mit seinem Werk im Bereich der oberen Härte-Skala und hat im schwer umkämpften Grenzgebiet zwischen Industrial und Power-Electronics Stellung bezogen, ohne sich dabei jedoch den selbstzweckhaften Überbietungsspiralen vor allem des letzteren Genres zu ergeben.

Kreiert wird ein metallisches Sounddesign, das den Lärm von Industrie-Anlagen und Maschinen-Hallen nicht nur akustisch nachempfindet, sondern auch materiell zum Ausgangpunkt der Kompositionen macht: Klanggeber sind unter anderem rohe Metallplatten und Metallstangen, die – aufeinander gerieben und durch Mikrofone verstärkt – durch ein ganzes Arsenal von Effekten geschickt werden. Teils zu düsteren und repetitiven Drone-Loops verfremdet, manchmal als verhalltes und perkussives Rasseln arrangiert oder auch zu hochfrequenten Noise-Attacken gesteigert, modellieren die acht Stücke des Albums eine Klangskulptur aus dem Maschinenzeitalter der industriellen Hochmoderne. Hierbei wird sehr konkret umgesetzt, was Lou Reed bereits 1975 auf seinem ebenso berüchtigten, wie unhörbaren Album „Metal Machine Music“ im Titel eingefordert hatte: Die Musikalisierung des Metalls. Der von Richardson gewählte Zugang, die akustische Ästhetik von Eisen und Stahl künstlerisch für sich zu nutzen, ist gewiss nicht ganz neu und verweist auf eine längere Geschichte innerhalb des Industrial Genres, das sich dem industriellen Erfahrungsraum und Klangspektrum ja bereits durch die gewählte Selbstbezeichnung verschrieben hatte. Dennoch sind seine Interpretationen durchaus gelungen, atmosphärisch dicht, und über die Dauer des Albums in eine stimmige und beklemmende Dramaturgie verwoben.

„Feign and Cloak“ ist eine harte Veröffentlichung in einem noch härteren Nischen-Genre und wird dort seine Hörer finden. An einigen Stellen erinnert das Album mit seinen metallisch-porösen Drones und den darin eingebetteten, verzerrten Vocals an den New Yorker Noise-Exegeten Prurient, ohne dabei jedoch zum Imitat zu werden. Düster und druckvoll entführt Gnawed den Hörer für eine knappe dreiviertel Stunde in die dröhnenden, hämmernden und kreischenden Welten der industriellen Wertschöpfung – er dokumentiert damit auch einen Sound, der im Zeitalter der Zunehmenden Digitalisierung vielleicht bald verschwinden wird, oder nur noch von Industrie-Robotern gehört werden könnte...

Patrick Kilian