Frühling, Sommer, Herbst, Winter... und Frühling 4,5 / 5 Sterne Nach SEOM - DIE INSEL und noch vor seinem Meisterwerk SAMARIA (2004) drehte der koreanische Autorenfilmer Kim Ki-duk in deutscher Koproduktion eine poetische Meditation über seine Lieblingsthemen: Isolation, Begehren und Gewalt, Schuld und Sühne... FRÜHLING, SOMMER, HERBST, WINTER...UND FRÜHLING (2003) ist in etwa die sanfte Variante des amour fou SEOM, der noch mit drastischen Schockbildern aufwartet. Hier, in FRÜHLING..., kehren wir zurück in die isolierte Welt eines von Wasser umgebenen Hauses mitten in der blühenden Bergwelt - ähnlich wie in SEOM. Doch diesmal ist es die Behausung eines buddhistischen Mönches, der hier einen kleinen Jungen als Schüler aufzieht. Die fünf Kapitel des Films korrespondieren mit den Jahreszeiten des Titels und beschreiben jeweils einen Schlüsselmoment im Leben des Protagonisten. Im Frühling sehen wir ihn als kleinen Jungen, wie er den Mönch durch seine grausame Misshandlung von Tieren verärgert - und bestraft wird. - Im Sommer bringt eine besorgte Mutter ihre kranke Tochter auf das Hausboot. Der inzwischen adoleszente junge Mönch verliebt sich in das Mädchen und folgt ihr schließlich in die Stadt - Im Herbst liest der alte Mönch von einem Mord aus Leidenschaft, den sein ehemaliger Schüler begangen hat. Und umgehend taucht dieser reuig wieder auf. Zwei Polizisten lassen ihn seine meditative Buße volenden, bis sie ihn mitnehmen. Der alte Mönch nimmt sich selbst das Leben. Im Winter kehrt der junge Mönch Jahre später (Kim Ki-duk) an den See zurück. Er übernimmt die Stelle des Lehrers, meditiert und trainiert - und bekommt schließlich seinerseits einen kleinen Jungen als Schüler gebracht. Nachdem dessen Mutter durch einen Unfall gestorben ist, bringt der Mönch ein Opfer und nimmt den Jungen als Schüler an. - Im Frühling werden wir schließlich Zeuge, wie sich das Geschehen wiederholt: Auch dieser Schüler wird den Verlockungen von Leidenschaft und Grausamkeit erliegen... In ruhigen, malerisch komponierten Tableaus konzentriert sich der Film ganz auf einen Schauplatz und wenige Figuren, die dennoch zu einer Allegorie der menschlichen Gesellschaft werden - mit all ihren destruktiven Mechanismen. Begehren bringt auf lange Sicht Tod und Zerstörung - so lehrt es der alte Meister, und es liegt kaum fern, aus ihm den Filmemacher selbst zu vernehmen, der in diesem filmischen Haiku die Essenz seiner früheren Werke formuliert. Es wurde of kritisiert, Ki-duk sage in diesem Film wenig oder nichts über den Buddhismus aus - das mag stimmen, ist jedoch auch nicht sein Ziel. Geprägt ist die Moral dieses Werkes eher durch einen katholischen Pessimismus, ein düsteres Menschenbild, das das menschliche leben als einen ritualsierten Kreislauf immer der selben Fehler und Schwierigkeiten sieht. Da dieser faszinierende und auf besinnliche Weise radikale Film deutsch koproduziert wurde, war von Anfang an eine Referenzversion von Kinowelt zu erwarten. Und man wird nicht enttäuscht: Bild und 5.1-Ton bewahren dezent das Kinoerlebnis, sogar eine Hörspur für Sehbehinderte ist beigefügt. Das Making-Of bietet unkommentierte Aufnahmen vom Set, das man im Prozess seines Entstehens erleben darf. Interessant ist auch das alternative (längere) Ende, das einige Momente der Tierquälerei zeigt, für die Ki-duks Filme im nichtkoreanischen Ausland immer wieder angefeindet werden. Das vorliegende Ende funktioniert sehr gut und benötigt kaum den angedeuteten Exzess, der gekürzt wurde. Die deutsche DVD von FRÜHLING, SOMMER, HERBST, WINTER...UND FRÜHLING kann als angemessene und gelungene Edition bezeichnet werden und ist unverzichtbar für avancierte Freunde des neuen asiatischen Kinos. Marcus Stiglegger
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