Fjernlys Ascending Triads & Luminous Arcs (Loki 2006) DCD 14 Tracks Schwarz, bordeaux und weiß sind die Grundfarben des Covers, der Schrifttyp lässt auf einen Bezug zum Jugendstil des frühen 20. Jahrhunderts schließen. Packt man die CD-Hülle aus dem Pappschuber, zeigt sich das Foto einer nordischen Seenlandschaft, die sich mittig spiegelt - ein Motiv, das das gesamte Artwork bestimmt. Wer Knut Enderleins bisheriges Schaffen in der Ritual-Ambient-Formation Inade verfolgt hat, wird hier einige vertraute Elemente wiederfinden, musikalisch jedoch beschreitet das neue Projekt Fjernlys neue Pfade. Während Inade thematisch von Ideen kosmischer Spiritualität und dem Okkultismus des frühen 20. Jahrhunderts handelt, entfaltet Fjernlys in Titeln wie "Intermediate Nature", "Trunkene Flut" oder "Nocturnal Wine" einen mystischen Pantheismus, die All-Einheit von Existenz und Welt. Am Arrangement wirkten diesmal neben Knut Enderlein auch noch eine weibliche Vokalistin sowie zwei weitere Musiker mit. Für das Mastering zeichnete Andreas Wahnmann von Fir§t Law verantwortlich, dessen neue CD dieser Tage ebenfalls erscheint. Stilistisch bewegt man sich nicht mehr in dronigen Darkambient-Gefilden, sondern bemüht sich deutlich um Songstrukturen und eingängige Melodien - mit minimalistischen Mitteln versteht sich: Gearbeitet wird mit dezenten elektronischen Beatstrukturen,synthetischen Sphären, aber auch akustischen Elementen wie einem Bass. Drei verschiedene Stimmen tauchen auf, wobei der düstere Aspekt von Inade durchscheint, aber auch eine gelegentliche Leichtigkeit, u.a. durch die Präsenz einer Frauenstimme. Die Texte auf Deutsch und Englisch sind leider nicht durchweg verständlich und werden auch im Booklet nicht reproduziert - man bettet sich im Geheimnisvollen. Mit pochenden Rhythmen, elegischen Sphären und finsterem Gesang füllt man eine Lücke, die Predominance nach ihrer Auflösung auf dem Loki-Label hinterlassen haben. "Flash Crimson", "All Sun's Ceaseless Falling" und "Rising Challenge" arbeiten auf diese Weise: Kosmisch-apokalyptische Chill-Out-Hymnen. Rituelle Drums tauchen bei "Lunar Sphere" und "Solar Loka" auf, während "Nocturnal Wine" wirklich poppige Qualitäten hat und darauf shließen lässt, dass sich die Hörgwohnheiten der Musiker nicht mit alten Lustmord-Scheiben erschöpften... Hier meint man durchaus einen Nachhall von Minimalelektronik der 1980er Jahre zu hören, oder die unterkühlte Melancholie früher Wavemusik. Die zweite CD enthält Remixe des Materials, und zwar von Antlers Mulm, Bad Sector, Fir§t Law und Lovespell, allesamt aus dem Freundeskreis des Loki-Labels bzw. auf diesem Label verlegt. Dabei ist erstaunlich zu beobachten, wie diese Gruppen das Basismaterial ihrer eigenen Klangwelt angleichen: Bad Sector geht eher kalt-noisig vor, Antlers Mulm und Lovespell dagegen gestalten ihre Stücke eher relaxed-poppig. Und Fir§t Law führt eine spacig-trancige Not ein... Fjernlys ist wohl als Projekt gedacht, das die Grenzen der rituellen Ambientmusik in Richtung von "Ambientsongs" erweitern möchte. Dieser Schritt ist eindeutig getan. Bleibt zu erwarten, wie es weitergeht... Ivan Kostor
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