FIR§T LAW

TERRORFORMING

(LOKI FOUNDATION 2009) CD, 7 Tracks, im Jewel Case

Konzeptalben, die sich mit den Ereignissen um den 11. September 2001 beschäftigen, gibt es inzwischen mehr als genug; meist ergehen sich die Künstler in Verschwörungstheorien, semi-intellektuellen Abhandlungen über Sicherheit und Kontrolle oder plattem Rachegebell.

Die neue CD von FIR§T LAW ist anders, noch ohne dabei die hohe musikalische Qualität zu betrachten. Im bekannt schlicht-edlen Design gehalten, enthält das Booklet kaum Informationen zur Aufnahme; stattdessen findet der Hörer hier einen sechsseitigen Text vor, der sich mit dem oben genannten Thema beschäftigt. Dieser Text ist eine angenehme Überraschung und entspricht dem Niveau des Künstlers. Persönlich, unprätentiös und angenehm polemisch äußert sich Andreas Wahnmann über die Folgen des 9/11 und sein eigenes Erstaunen über die extreme Stimmungsmache seitens der Politiker, die furchtsam-affirmative Resonanz der Bevölkerung und die Entstehung dessen, was Wahnmann sehr treffend als „TERRORFORMING“ bezeichnet.

Vergleichbar direkt setzt sich das Gedankenkonstrukt des Künstlers in der Musik fort. Über allem liegt eine deutliche Struktur und Emotionalität, zwar durchzogen von ätherischen Flächen und Collagen, doch immer direkt „greifbar“. Wahnmann schafft es gekonnt, seine Stimmung in unaufdringliche Atmosphäre zu wandeln, man hört und spürt die Mischung aus Angst, Frustration und Häme gegenüber einer Gesellschaft, die sich im blinden Glauben an Sicherheit immer weiter entmündigen und gleichschalten lässt, eine fast „punkige“ Attitüde vollkommen unpunkig verpackt.

Die einzelnen Stücke bleiben abwechslungsreich, vielschichtig und spannend ohne einen stringenten roten Faden aus den Augen zu verlieren. Der Hörer kann sich treiben lassen; bravourmäßiges Kopfkino, das auch aus technischer Sicht wirklich begeistern kann. Herr Wahnmann zeigt sich hier als Virtuose des Sounddesigns und bemüht verschiedenste technische Mittel (z.B. E-Gitarren, virtuelle und Analoge Synthesizer) um seinen unverkennbaren kühlen, aber doch organisch lebendigen Sound zu erzeugen. So ergeben sich mehrere Ebenen, auf denen man die Musik verstehen kann: als leicht zynischen Kommentar über eine Ära der Angst, als assoziativen Soundtrack oder als brillante technische Spielerei.

Ein homogenes, bestens funktionierendes Konzept verpackt in wirklich herausragende Musik, eine durch und durch bemerkenswerte Veröffentlichung.

Daniel Novak