EX.ORDER

Shuchu Ryoku

CD, 10 Tracks im Digipack POWER AND STEEL

EX.ORDER sind neben GENOCIDE ORGAN und ANENZEPHALIA mit Sicherheit die Speerspitze des für Deutschland typischen, atmosphärischen Krawalls, der oft zu Unrecht als Power Electronics bezeichnet wird. Mit hysterischem Geschnatter (wie etwa von WHITEHOUSE) oder prollig stumpfem Geboller (wie von so manchen finnischen oder amerikanischen Szene„größen“) haben keine der drei Genannten etwas gemein.

Auch brechen EX.ORDER mit dem peinlich genau behüteten Grundsatz, dass Noise ja vor allem „true“ analog sein muss. Frei nach dem Motto „Werkzeug ist nur Werkzeug“ klingt dieser Tonträger teilweise bewusst sehr digital und scharf, ohne dabei seinen organischen Charakter zu verlieren.

„Shuchu Ryoku“ heißt soviel wie absolute (bedingungslose?) Konzentration; Fokussierung auf eine Sache, wie etwa im asiatischen Kampfsport und der dazugehörigen Mentalität üblich. Passender hätte man diesen Tonträger kaum betiteln können: Weniger brachial als altes EX.ORDER Material geht die Musik auf diesem Tonträger äußerst streng und ohne Schnörkel nach vorn. Jeder Track für sich zeichnet sich durch geschlossene homogene Strukturen und eine bemerkenswerte Bedrohlichkeit aus. Ob nur von martialischen Samples getragen oder von einer entmenschlicht autoritären Stimme untermauert, jedes Stück ist in sich eine absolute Absage an diese Zivilisation. Eine Attitüde dieser Art würde bei anspruchsvollen Hörern heutzutage lediglich Schulterzucken verursachen, würde diese CD nicht so authentisch und ohne überambitionierte Bösartigkeit so verflucht zwingend wirken. Ähnlich wie beim vorherigen Album „Corporate Control“ greift hier alles präzise unterkühlt ineinander und spinnt ein dichtes Netz verhaltener, aber deutlicher Aggression und Abneigung; emotional eine ungemein packende musikalische Erfahrung.

Viel kann man nicht mehr dazu sagen: Ein moderner Klassiker, der beweist, dass man sich auch in diesem Bereich kreativ weiter entwickeln und es zu beängstigender (Beinahe-)Perfektion bringen kann.

Daniel Novak