Eugenie - DE SADE 70
3,5 / 5 Sterne
(US-Kinotitel: Eugenie … The Story Of Her Journey
Into Perversion)
Produktionsland & -jahr: Spanien/Deutschland 1970
Laufzeit: ca. 83 Min (Kino 87 bei 24 BpSek)
Genre: Erotik/Horror
Uraufführung: 26.08.1970 (New York)
Deutscher Kinostart: 02.06.1972
FSK: 16 (BBFC 18)
Regie: Jess Franco
Drehbuch: Peter Welbeck (d.i. Harry Alan Towers) und Erich Kröhnke
nach dem Roman „Philosophie im Boudoir“ von Donatien Alphonse
François Marquis de Sade
Kamera: Manuel Merino
Schnitt: Teresa Alcocer
Musik: Bruno Nicolai
Produktionsfirmen: Hape Filmproduktion, P.C. Balcazar
Produzenten: Harry Alan Towers
Rollen / Darsteller:
Eugenie: Marie Liljedahl
Madame de St. Ange: Maria Rohm
Mirvel: Jack Taylor
Dolmance: Christopher Lee
Sprachen: Deutsch, Englisch, Französisch
Audio: Mono
Bildformat: 16:9 anamorph
Ländercode: 2 (PAL)
Specials: Originaltrailer, Deutscher Trailer, Biografie von Jess Franco,
Trivia Track, Interview mit Jack Taylor (ca. 10 Min., mit dt. Untertiteln),
EPIX-Trailershow
Für manche Filmfans it er ein verkantes Genie, für andere ein heute mehr denn je dilettantischer Vielfilmer: der Spanier Jess Franco kann mit seinen vermutlich über 140 Filmen zumindest verbuchen, dass er ein Handschrift im Exploitationfilm entwickelt hat, die von nachhaltigem Einfluss war und zumindest in den besten Momenten wie die kunstgewerbliche Variante der Experimente von Godard und Antonioni wirkt.
Eine besondere Rolle spielte für Franco stets die Sexualphilosophie von Marquis de Sade, und kaum ein Roman scheint diese mehr zu pointieren als "Die Philosophie im Boudoire". Diese Geschichte der systematischen sittlichen Korrumpierung eines unschuldigen Mädchens durch ein perverses Geschwisterpaar erscheint wie der delirierende Traum des Sadianers Franco, und es verwundert kaum, dass er in seiner Karriere gleich zwei erotische Filme - EUGENIE und EUGENIE DE SADE - daraus entwickelte.
EUGENIE (DIE JUNGFRAU UND DIE PEITSCHE/DE SADE 70) - mit Marie Liljedahl, Jack Taylor und Christopher Lee charismatisch besetzt - erzählt eine moderne Variante der Sade-Fabel: Die junge Eugenie verbringt ein Sommerwochenende bei Madame de Saint-Ange und deren Bruder Mirvel auf einer idyllischen Mittelmeerinsel. Sie ahnt nicht, dass die beiden von den Schriften des Marquis de Sade beeinflusst sind und auf ihrem Anwesen okkulte Zusammenkünfte stattfinden, geleitet von dem finsteren Dolmance. Schnell wird Eugenie zur Hauptperson in einem Spiel um Liebesgier und Mordlust, dem sie sich ganz verschreiben muss, wenn sie darin bestehen will.
In expressiven und farbenprächtigen Bilderreigen und ruhigen Kamerafahrten erzählt Franco von dieser 'Verführung zum Bösen', die in sexueller Gewalt gipfelt, und lange war dieses Popart-inspirierte Werk verschollen. Christopher Lee etwa schwieg dazu in Interviews lieber, oder er betonte, ihm sei der perverse Gehalt des Films nicht bewusst gewesen... Spannend ist das allemal als Fußnote zu den zeitgleichen sadomasochistischen Szenarien von Alain Robbe-Grillet, der Franco ebenfalls beeinflusst haben dürfte.
Dieser Film, den Franco "von alle seinen Filmen am wenigsten hasse", weist eine radikale Frühsiebziger-Ästhetik auf und dürfte eher für ein spezialisiertes Publikum von Interesse sein. Obwohl die angekündigten Freizügigkeiten und Grausamkeiten hier durchaus präsent sind, verwundert es kaum, dass die FSK den Film nun ab 16 Jahren freigegeben hat. Mit über 83 Minuten entspricht die aufzeit der britischen Variante von Anchor Bay. Bildqualität und drei Tonspuren leisten Archivarisches, lediglich das Bonusmaterial unetrscheidet die epiX-version von Anchor Bay: die britische Version hat ein umfassendes Making of, in dem auch Franco und Lee zu Wort kommen, sowie Linernotesvon Tim Lucas, während die deutsche Variante ein amüsantes Gespräch mit Jack Taylor zeigt, der über die Entstehung des Films und Francos Methode redet.
Wer sich für S&M im Film interessiert, die Ästhetik jener Jahre schätzt oder Abseitiges der Filmgeschichte sammelt, sollte sich zumindest die deutsche DVD nicht entgehen lassen.
:ms:
