DAS ERWACHEN DER SPHINX

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Originaltitel: Awakening, The
Herstellungsland: Großbritannien
Erscheinungsjahr: 1980
Regie: Mike Newell
Darsteller: Charlton Heston
Susannah York
Jill Townsend
Stephanie Zimbalist
Laufzeit: 100:49 Min.
Bildformat: 1,37:1
Tonformat: Deutsch (Dolby Digital 1.0 Mono)
Englisch (Dolby Digital 1.0 Mono)
Untertitel: Keine
Laufzeit Bonus
bzw. Extras: 30 Min.
Extras: Senedjems Weg ins Paradis (Kurzdoku - deutsch/ 8:49 Min./ Farbe)
Schatzkammer der Pharaonen (Kurzdoku - deutsch/ 9:53 Min./ s/w)
Originaltrailer (englisch/ 2:06 Min.)
Bildergalerie (2:23 Min./ musikunterlegt/ 22 Bilder)
Blick in die Welt (47/80) (deutsch/ 7:00 Min./ s/w)
Filmtipps (4 Trailer zu den Filmen "Captain Berlin", "Dracula jagt Frankenstein", "Zinksärge für die Goldjungen" und "Die sieben Männer der Sumuru")
12-seitiges Booklet
DVD 1: Vollbild-Fassung 1.37:1 - DVD-9 (8,5 GB)
DVD 2: Widescreen-Fassung 1.78:1 - DVD-5 (4,7 GB)
Copyright 2012 MMB-TV ug lizensiert durch Studiocanal GmbH - im Vertrieb von Media Target.

Ein Körper der Vergangenheit überdauert die Jahrtausende und erscheint in der Gegenwart als frappierend lebendiger Antlitz des Vergangenen. Die Mumie – der einbalsamierte und präparierte Körper des Toten vor allem in der ägyptischen Tradition (aber nicht nur dort) regte von je her die Phantasie an. Magische Kräfte wurden der überdauernden Leiche zugemessen, ihr Staub als medizinisches Pulver unter die Leute gebracht. Doch auch die Kontinuität früheren Seins im konservierten Körper ist es, die die ungebrochene Faszination der Mumie ausmacht. An ihm erkennen wir altertümliche Physiognomie, Körpertechniken und sogar Moden.

Die körperliche Präsenz eines seit Jahrtausenden Verstorbenen kündet zugleich von vergangenen Emotionen, Begierden und Fehlern. In seinem Text „Wenn die Mumien erwachen“ (Escher/Koebner 2005, S. 178) merkt Thomas Koebner noch einen weiteren Aspekt an: „Weisheit und Entsagungen sind ihnen unbekannt, jedenfalls #drüben’ nicht zugewachsen. Erneut zum eben erweckt, sind sie so fehlerhaft wie einst, als sie verschieden.“ Die spezielle Inspiration, die von den Mumien ausgeht, ist also geknüpft an ihre verstörende Lebensnähe. Jeder dieser bandagierten, eingefallenen Körper erzählt seine eigene Geschichte, scheint von untergegangenen Reichen und Kulturen, von verlorenen Lieben oder gar nie versiegtem Hass zu künden. „Hinzu kam die außerordentlich schöne Bemalung der Gesichtsmasken: die offenen Augen, die Augenbrauen, die bis zu den Schläfen geführt waren, die Lidstriche, die ebenmäßig herausmodellierten Gesichter, erweckten nicht nur ästhetischen Zauber, sondern auch den Eindruck, dass hier ein Toter gerade die Augen wieder aufgeschlagen habe und sich in fast jugendlichem Reiz aus dem Sarkophag erheben könne“ (Escher/Koebner 2005, S. 179-180). Eng verbunden mit der Mumie selbst ist auch der Mythos vom Fluch der Mumie, der mit der Öffnung des Grabes in Kraft tritt. Fallen, Irrwege und geheimnisvolle Substanzen machen den Entdeckern oder Grabräubern zu schaffen. Auch in der archäologischen Realität sind rätselhafte Todesfälle bekannt geworden, die die Phantasie weiter anheizen.

Das Mumien-Phantasma selbst ist ein Phänomen der Kolonialzeit und taucht folglich vor allem in der schwarzen Romantik des ausgehenden 19. Jahrhunderts auf. Gespeist wurde es aus dem Exotismus des Fin de siècle, der auf dem Kolonialismus und dessen Importen basierte. Mit der Eroberung und Besetzung fremder Länder florierte auch die Erforschung und Ausbeutung deren Kulturgüter, und es verwundert kaum, dass sich britische Wissenschaftler vor allem in Ägypten profilieren konnten. Zentral wurde der Fund des Grabes von Tut-ench-Amun 1922, der in den folgenden Jahren einige Forscher das Leben zu kosten schien. Offiziell wurde eine geheimnisvolle Viruserkrankung als Grund genannt. Der Mythos vom Fluch der Pharaonen wurde populär und in vielfachen Varianten verbreitet. Der in dekadenten Zirkel bereits verbreiteter Ägyptenkult verschmolz in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit mit düsteren Phantasien von einer Rückkehr der Toten.

William K. Everson behauptet in seinen „Klassikern des Horrorfilms“ zwar: „[...] die Sage der zum Leben erwachten Mumie ist einzig und allein dem Eifer zu verdanken, mit dem die Universal für Karloff eine Rolle suchte, die an seinen Erfolg in Frankenstein anknüpfen würde“ (Everson 1982, S. 97), er irrt jedoch, denn sowohl Bram Stokers Roman „Jewel of the Seven Stars / Die sieben Finger des Todes“ war bereits 1903 erschienen: Bram Stoker, Autor des Briefromans „Dracula“, hatte mit „The Jewel of the Seven Stars“ einen weniger bekannten aber gleichwohl wichtigen Beitrag zur Mumienmythologie des Fin de siècle geschaffen. Diese geradlinige Horrorerzählung berichtet von einer ägyptischen Herrscherin, die mit der Öffnung ihres Grabes durch britischen Archäologen nach Reinkarnation trachtet. Verfilmt wurde die Geschichte gleich dreimal: von Seth Holt und Michael Carreras als Blood from the Mummy’s Tomb / Das Grab der blutigen Mumie (1971) für Hammer Films, von Mike Newell als The Awakening / Das Erwachen der Sphinx (1980) und 1997 von Jeffrey Obrow eher unspektakulär als Bram Stoker’s Legend of the Mummy. Alle drei Filme legen etwas unterschiedliche Schwerpunkte und variieren das spätere Thema des unglücklichen Liebe. Vor allem Newells Film betont, dass die Feudalherrscherin Kara vor 4000 Jahren ein solch grausames Regiment führte, dass ihr Name später aus den Inschriften getilgt wurde. Als der Archäologe Corbeck (Charlton Heston) Karas Grab aufbricht, erleidet seine Frau zunächst ein Fehlgeburt, doch im Moment, als Corbeck die Mumie berührt, beginnt das Kind wieder zu leben. Kara ist wiedergeboren und beginnt, ihr blutiges Regiment erneut zu errichten.

Kino Trivial/Media Target legen DAS ERWACHEN DER SPHINX nun als umfangreich ausgestattete Doppel-DVD neu auf. Gebettet in einen farbefrohen Pappschuber, enthält diese Version den Film sowohl in unmatted 4:3 wie auch als attraktivere 16:9-Kinoversion, die entsprechend höher codiert wurde. Letztere Version entspricht vermutlich der damaligen Kinofassung und erscheint durch den modifizierten Bildausschnitt intensiver und kinematographischer. Beide Versionen sind ungekürzt und in deutsch und englisch abspielbar. Dazu kommt ein Booklet mit dem alten Presseheft sowie einige Vintage-Dokumentationen: die Wochenschau aus der Zeit der deutschen Erstaufführung, eine schwarzweiße Doku über die Pharaonen sowie einen großartigen Lehrfilm über Mumifizierung mit Musikuntermalung von Avantgardist Oscar Sala.

Auch wenn DAS ERWACHEN DER SPHINX als Horrorfilm heute sehr zahm und fast somnambul erscheint, füllt diese Veröffentlichung eine lang klaffende Lücke. Bemerkenswert erscheint noch der Umstand, dass sich das Drehbuch nur entfernt an Stokers Vorlage hält - dafür findet man hier eher Ähnlichkeiten zur OMEN-Filmreihe, die damals noch sehr erfolgreich lief.

Marcus Stiglegger