Emmanuelle Box

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DVD Digipak 4er
Label: Kinowelt
Genre: Erotik
Produktionsjahr: 1974-83
Produktionsland: Frankreich
FSK Keine Jugendfreigabe
Lauflänge: ca. 360 Minuten
Regie: Diverse
Drehbuch: Diverse
Kamera: Diverse
Produktion: Diverse
Technische Angaben
Bild: Diverse
Sprachen/Ton: Deutsch, Französisch (Mono Dolby Digital)
Untertitel: Deutsch
Extras: Emmanuelle 4 in 3D; The Joys of Emmanuelle Teil 1-3; Interview mit Regisseur Just Jaeckin und Produzent Yves Rousset-Rouard; Fotogalerien; Trailer

Die junge Gattin eines französischen Diplomaten folgt ihrem Mann zu seinem Landsitz in Bangkok. Während ihr Mann arbeitet, trifft sie sich mit den Nachbarinnen, die sich wundern, dass Emmanuelle noch keinen Geliebten hat, sondern ihrem Ehemann treu ergeben scheint. Von den Frauen angespornt macht sie eine Reihe sexueller Erfahrungen, vor allem mit gleichge-schlechtlichen Partnerinnen. Besonders die halbwüchsige Marie-Ange hat es ihr angetan. Mit Einverständnis ihre Mannes verbringt sie einige Zeit mit dem gealterten Playboy Mario, der sie in seine Philosophie der Polygamie einführt und sie in einer Opiumhöhle zwei Einheimischen als Lustobjekt überlässt. Am Ende ist aus der jungen Frau ein Eingeweihte geworden, die sich aufmachen wird, ihrerseits zu verführen...

Wenn es eine Ikone des erotischen Kinos jüngeren Datums gibt, dann die 'Frau auf dem Pfauenthron‘, Sylvia Kristel als Emmanuelle. „Die autonome, laszive und weitgereiste Frau, die sich so entspannt wie fordernd in ihrem ausladenden Korbsessel räkelt, war zugleich Zusammenfassung und Abschluss der Träume von der sexuellen Revolution, zumindest im Reich der Bilder. Alle mussten sie hassen, die Rechten wegen ihrer Unmoral, die Linken wegen ihrer konsumistischen Korruption, die Ästheten wegen der Neuschaffung der Frau aus dem Geist der Modefotografie, die Ethiker wegen ihres verschlingenden Kolonialismus und die Feministen wegen der offensichtlichen Lust, mit der sie sich nach den Wünschen der Männer inszenierte“, schreibt Georg Seeßlen in „Erotik. Ästhetik des erotischen Films“.

Mit ihrem feingliedrigen, eher blassen Körper und ihren glänzenden, großen Kinderaugen bewegte sie sich wie Alice durch das Wunderland der Triebe, gab sich Frauen, Männern – auch Fremden – hin, um die eigene sexuelle Unabhängigkeit wieder und wieder zu zelebrieren. Nur die Liebe durfte dabei nicht in die Quere kommen, denn die ist ungeachtet aller promisken Exzesse dem Gatten geweiht. Diese Kunstfigur Emmanuelle, die sich in postkartenidyllischer Urlaubskulisse bewegt, verkörperte den bürgerlichen Hochglanztraum eines hedonistischen Lebensgefühls in Luxus und Sorglosigkeit – zwischen Swimmingpool und Tennisplatz.

Zugleich ist dieser erste Film EMMANUELLE auch ein grandios inszeniertes Fest der Blicke, ein Film, der vom ersten Bild an den Zuschauer locken und verführen möchte, in dem es um nichts anderes gehen soll als den audiovisuellen Kitzel der Sinne. Als Emmanuelle sich zum ersten Mal mit den Nachbarsfrauen trifft, liegen diese alle in einer Reihe vor dem Pool, nur Emmanuelle legt sich vor die anderen Frauen und entfernt ihren BH. Die Ka-mera gleitet in langsamen Bewegungen über die liegenden Körper, was mit einer gegenläufigen Halbkreisfahrt um die Protagonistin gegengeschnitten wird. Die Frau posiert scheinbar als Objekt der weiblichen Schaulust im Bild, und zugleich als Fixpunkt eines voyeuris-tischen Kamerablickes. Ein weiterer Höhepunkt folgt, als Emmanuelle mit der jungen Marie-Ange flirtet und nackt in den Pool springt. Unter Wasser dreht sie ele-gante Pirouetten, wendet und taucht wie eine Nixe, immer wieder an der Kamera vorbei. Oft ziehen Schwärme von Wasserbläschen durch den Bildkader und vermitteln das sinnliche Prickeln dieser nur für den Betrachter inszenierten 'Performance‘. Die visuelle Inszenierung, unterlegt mit sphärischen Elektronik-klängen, appelliert suggestiv an eine Körperlichkeit des Publikums. Erst im letzten Drittel verlässt der Film diese seduktiv-zarten Pfade und führt mit dem gealterten Mario einen de Sade’schen Charakter ein: Er philosophiert über die Übertretung der moralischen Grenzen, die man hinter sich lassen müsse, wenn man das „Land der Erotik“ betreten möchte. Folglich überlässt er sie zwei fremden Männern zur freien Verfügung. Diese sehr nah an der Vergewaltigung rangierende Szene – in zahlreichen Fassungen zensiert, bei Kinowelt vollständig –, die jedoch keine merklichen Auswirkungen bei der Frau hinterlässt, ist eher die Ausnahme innerhalb der Emmanuelle-Welle, meist herrscht eine gepflegte, harmlose Designererotik vor, gefilmt mit einem weichzeichnenden Filter, der die Haut samtig erscheinen lässt und den Augen eine helle Aura verleiht.

Der 1940 geborene Just Jaeckin lernte sein Metier als Erotikfotograf, debütierte mit Emmanuelle und verzeichnete vor allem mit dem folgenden Werk L’histoire d’O (Die Geschichte der O, 1975) einen weiteren Welt-erfolg. Auch in dieser Verfilmung des Skandalromans von Pauline Réage ist er sorgsam bedacht, die allzu drastischen Momente in der Inszenierung abzumildern und dem Film eine traumgleich-poetische Note zu verleihen. – Die damals Anfang zwanzigjährige Sylvia Kristel wurde durch Emmanuelle zu einer bekannten Erotik-Ikone und spielt auch in der Fortsetzung Emmanuelle l’antivièrge (Emanuela II – Im Garten der Liebe, 1975) von Franco Giacobetti die Hauptrolle. In späteren Fortsetzung taucht sie nur sporadisch auf, den eigentli-chen Part übernehmen dort jüngere Darstellerinnen (z.B. Mia Nygren), in deren Körper sie sich im Rahmen der Erzählung „hineinversetzt“. Auch in Walerian Borowczyks Psychodrama La marge (Emanuela 77, 1975) tauchte sie auf, doch dort spielt sie eine Prostituierte, deren Name nur in der deutschen Synchronisation 'angeglichen‘ wurde.

Die Asiatin Laura Gemser, die in Emanuela II eine Masseuse spielte, übernahm in zahlreichen Epigonenwerken die Rolle der Black Emanuelle, die sie meist unter der Regie des italienischen Pornoregisseurs Joe d’Amato (= Aristide Massaccesi) verkörperte. Dort wurden nicht nur die üblichen touristischen Schauwerte abgespult, sondern auch drastischere Zutaten eingeführt: so begegnet sie in Emanuelle e gli ultimi cannibali (Nackt unter Kannibalen, 1978) blutgierigen Eingeborenen und kommt in Emanuelle in America (1978) auf die Spuren von Gewaltporno-Produzenten. D’Amato entfernte sich also weit von dem betont 'keimfreien‘ Stil der eigentlichen Emmanuelle-Reihe. Heute erlebt die libertine Diplomatengattin ihre Wiedergeburt in aufwändigen Fernsehproduktionen, was dafür spricht, dass die ursprüngliche Skandalträchtigkeit dieser Filme längst gewichen ist.

Das Label Kinowelt präsentiert die Erotiksensation der 70er Jahre in einer gut ausgestatteten und technisch überzeugenden 4-DVD-Box, die alle vier offiziellen Filme der Reihe mit Sylvia Kristel (im 4. teil nur in einem Gastauftritt) enthält. Präsentiert wird alles in einem hochwertigen Digipak, und neben umfangreichem Bonusmaterial gibt es als besonderes Extra „Emmanuelle 4“ in einer 3D-Version. Eine 3D-Brille ist in der Box enthalten. Die Dokumentation zu den ersten drei Teilen entstammen der Anchor-Bay-Edition und enthalten Interviews mit dem Produzenten, dem Regisseurm und dem Star. Die informativen Features geben einen aufschlussreichen Einblick in die Entwicklung der Reihe. Für Fans des erotischen genrekinos lohnt es sich defintiv, diese Film wiederzuentdecken, zumal sie hier erstmals ungekürzt in Deutschland vorliegen.

Marcus Stiglegger