Originaltitel: In the Electric Mist (Frankreich
/ USA 2009)
Genre: Thriller
Regie: Bertrand Tavernier
Schauspieler: Tommy Lee Jones, John Goodman, Peter Sarsgaard, Kelly Macdonald,
Mary Steenburgen, Justina Machado, Ned Beatty, James Gammon, Pruitt Taylor
Vince, Levon Helm, Buddy Guy, Julio Cedillo, Alana Locke |
Format: Widescreen (2.55:1 - anamorph)
System: HD 1080p
Tonformat: DTS HD Master Audio 2.0 in Deutsch, DTS HD Master Audio 2.0
in Englisch
Untertitel: Deutsch
Bonus: Making of (32 Min.), Deleted Scenes, Trailer dt.
Der europäische Blick des intellektuellen Europäers auf die USA ist nicht immer verklärt wie in Wim Wenders' PARIS, TEXAS (1984). Gerade hat Werner Herzog eine ganz eigen Vision der Südstaaten in seinem BAD LIEUTENANT: PORT OF CALL - NEW ORLEANS (2009) präsentiert, da folgt auch schon Bertrand Taverniers bedächtige Adaption des Romans 'In the Electric Mist with Confederate Dead' von James Lee Burke.
Spätestens seit dem verheerenden Hurricane Katrina ist die Gegend um New Orleans das Synonym für das verelendete Amerika der jüngsten Wirtschaftkrise, und von dieser Melancholie und Verlorenheit zehrt auch IN THE ELCTRIC MIST, ein in monochromen Breitwandbildern inszenierter visionärer Kriminalfilm über den grummeligen Südstaaten-Cop Dave Robicheaux (Tommy Lee Jones), einen 'guten Menschen', der seine Moral zur Not mit Gewalt inhämmert.
Als Detective im Bundestaat Louisiana jagt er einen Serienkiller, der bereits mehrere junge Frauen missbraucht und zerstückelt hat. Auf der Rückfahrt vom Tatort trifft Robicheaux auf den Hollywood-Star Elrod Sykes (Peter Sarsgaard), der sich zu Dreharbeiten in der Gegend aufhält. Er erzählt, dass er in den Sümpfen ein Gerippe gesehen hat - einen in Ketten gelegten Körper. Die Entdeckung löst bei Robicheaux schmerzliche Erinnerungen an einen alten Fall aus: Als Junge hatte er die Exekution eines scheinbar flüchtigen schwarzen Gefangenen beobachtet. In bizarrer Logik scheinen beide Fälle in einem Zusammenhang zu stehen.
Wie bei den meisten guten Kriminalerzählungen ist die Auflösung nur ein Aspekt des Geschehens, was Taverniers Inszenierung vielmehr interessiert, sind die Typen, die den Sumpf bevölkern: der großmäulige Gangster Babyfeet (John Goodman) etwa, oder ein geisterhafter Südstaatengeneral, der Robicheaux in einsamen Momenten berät. Mit teils folkigem Soundtrack, wehmütigem Blues und nebliger Optik dringt der Film immer tiefer in die schwarze Seele des Südens vor, wo Rassismus und Intrige noch lange nachwirken.
Tavernier hat seine eigene Idee des Film Noir. Was er in der Kolonialzeit mit DER SAUSTALL ansiedelte und auf den Straßen von Paris in AUF OFFENER STRASSE fortsetzte, findet in IN THE ELECTRIC MIST eine großartige Fortsetzung. Ungeachtet seines langsamen Erzähltempos entwickelt der Film eine faszinierende Spannung, die sich unter der Oberfläche bewegt wie ein hungriger Alligator.
Die Blu-Ray von Koch Media trägt dem Film voll Rechnung: Trotz dunstiger Optik erstrahlen die Bilder immer wieder in kontrastreichem Glanz, die Tonspur ist subtil, aber differenziert. Das Making Of klärt zahlreiche offene Fragen und bietet einen guten Einblick in Taverniers Regie. Da verschmerzt man einige faslch formatierte Einstellung im Interviewteil. Die deleted scenes konzentrieren sich auf den Film-im-Film, der im Final Cut nicht zu sehen ist, sowie auf ungekürzte Varianten des Blue-Konzerts, bei dem auch Goodman ein heiseres Ständchen gibt. Dazu kommt der deutsche Trailer. Eine schöne Veröffentlichung zu einem der packendsten Thriller des Jahres.
Marcus Stiglegger
