Michele Soavis EISKALT

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Thriller - Italien / 2006
Originaltitel: Arrivederci Amore, Ciao
Regie: Michele Soavi
Darsteller: Alessio Boni; Michele Placido; Isabella Ferrari
FSK: 16
Laufzeit: ca. 107 Min.
Extras: - Deutscher Trailer
- Darstellerinformationen
Bildformat: Widescreen 2.35:1 (anamorph)
Tonformat: - Dolby Digital 5.1 (Deutsch)
- Dolby Digital 5.1 (Italienisch)
Sprachen: Deutsch, Italienisch
Untertitel: Deutsch

Michele Soavi ist ein wahrhaftes Original innerhalb der italienischen Filmindustrie. Er arbeitete mit illustren Persönlichkeiten wie Joe d'Amato, Dario Argento und Lamberto Bava zusammen. In d'Amatos berüchtigtem CALIGULA 2 - THE UNTOLD STORY (1982) spielte er eine kleine Rolle, Argento assistierte er bei PHENOMENA (1984), bis er die Chance bekam, die Dokumentation THE WORLD OF HORROR über ihn zu drehen. D'Amato produzierte dann sein Debüt, das Slasher-Kammerspiel STAGEFRIGHT - DELIRIA (Aquarius – Theater des Todes, 1987) und für Argento drehte er THE CHURCH (1991), einen atmosphärischen Gothic-Horrorfilm. Damit war seine Karriere festgelegt, und mit THE SECT (1994) schloss Soavi abermals an seine Horror-Arbeiten an. Sein Kennzeichen wurden die extravagante Optik, die er von Argento entlehnte, eine Vielzahl von Protagonisten sowie exzessive Gewaltdarstellung. Seinen größten Erfolg verbuchte Soavi mit der Comicverfilmung DELLAMORTE DELLAMORE (1998), die Splatter und Horrorparodie zusammenbrachte und eine eigene poetische Qualität entfaltete. Danach wurde es still um den Filmemacher.

2004 tauchte ein aufwändiger Zweiteiler in italienischen Fernsehen auf: UNO BIANCO war eine stilisierte Cops-and-Robbers-Geschichte, wie man sie sonst von Michael Mann (HEAT) kennt. Soavi hatte ein neues Genre erschlossen, in dem er sich nun umso heimischer zu fühlen scheint: den traditionsreichen italienischen Gangsterfilm, dem er eine eigene moderne Variante abgewinnen kann. EISKALT ist der beste Beweis für diesen neuen Weg, der erfolgreich an die früheren Meisterwerke von Damiano Damiani und Enzo G. Castellari anknüpft, aber auch Erinnerungen an den harten französischen Copfilm wach ruft.

Als dem gesuchten kommunistischen Exterroristen Giorgio Pellegrini (Alessio Boni) von der italienischen Justiz die Kronzeugenregelung angeboten wird, falls er seiner all seine ehemaligen Kameraden verrät, beschließt er, sich der Polizei zu stellen. Nach einigen Jahren Haft und einem Deal mit einem korrupten Kommissar (Michele Placido) kommt er frei. Sein oberstes Ziel ist es nun, ein anerkanntes Mitglied der Gesellschaft zu werden.

In der zynischen und kalten Welt, in die er entlassen wird, gibt es für ihn nur ein Mittel, dieses Ziel zu erreichen: Mord. Wie ein Shakespeare-Held wird er (selbstverschuldet) in einen Strudel gezogen, der von einem Verbrechen zum nächsten führt, der Pellegrinis Gefühle immer mehr absterben lässt und ihn am Ende gar zur Bedrohung seiner eigenen Ehefrau werden lässt. Immer wieder schimmert hier Soavis Talent für harte und makabre Sequenzen durch, das er im Horrorgenre kultiviert hatte. Hier wird nichts beschönigt - Pellegrini ist ein Alptraum; kein Antiheld, sondern ein amoralisches Manifest. Insofern ist der deutsche Titel EISKALT recht gut gewählt, wenn auch der Liedtitel "Arrivederci amore, ciao", der als Leitmotiv auftaucht, den Zynismus besser vermittelt und sogar auf das Ende verweist...

Visuell ist der Film originell inszeniert, im Breitwandformat und mit aufwändigen Fahrten (die Fliege, die durch den Gerichtssaal verfolgt wird), und Schlüssleszenen die immer wieder auf Montageeffekte setzen (die leuchtende Visitekarte, die zum Club führt). Die Musik arbeitet mit elektronischen Rhythmen und 80er Jahre Synthiepop (zentral erklingt "Shout" von Tears for Fears). Soavi arbeitet also durchaus 'hip', ohne in platte Videoclipästhetik zu verfallen. Manchmal erinnert er so an das europäische Kino der 1980er jahre.

Schauspielerisch tauchen hier unverbrauchte Gesichter auf, lediglich Michele Placido ist aus der Serie ALLEIN GEGEN DIE MAFIA aus den 1980er Jahren bekannt und tritt hier als affektierter Gegenpol zu dem aufrechten Cop von damals auf.

Die DVD ist nicht gerade bombastisch ausgestattet (zwei Trailer, Informationen), doch der Film wird technisch sauber präsentiert, mit scharfen Bild, kalten Farben und sattem dts-Ton (deutsch), wobei die Synchronisation wirklich solide ist. Für Thriller-Fans ist EISKALT auf jeden Fall eine Entdeckung wert.

Marcus Stiglegger, 4.2.2008