Eden und danach

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Label: Donau Film
Laufzeit: 94 Min.
Produktionsjahr: 1970
Produktionsland: Frankreich
Regie: Alain Robbe-Grillet
Bildformat: 1,66:1 (anamorph)
Ton: Deutsch, Französisch (DD 2.0)
Untertitel: Deutsch
Extras:
16-seitiges Booklet von Dr. Marcus Stiglegger
"N. a pris les dés" (Alternativ montierte Version des Films)
Interviews mit Alain Robbe-Grillet
Bildergalerie

Es gibt einige wenige Filme, bei denen grenzt es an ein kleines Wunder, wenn man sie in seine heimische Werksammlung aufnehmen darf. Einmal sind sie verschollen oder ein anderes mal verhindern rechtliche Probleme eine Veröffentlichung auf dem DVD-Markt. Im Falle des vorliegenden Arthouse-Klassikers „Eden und danach“ („Eden et après“) liegt der Grund für sein erstmaliges Erscheinen in der testamentarischen Verfügung des Regisseurs Alain Robbe-Grillet, die besagt, keiner seiner Filme dürfe jemals auf einem Heimmedium vertrieben werden. Der Wille des Filmemachers reflektiert seine Hinwendung zur großen Leinwand, die seinem Verständnis nach das einzige adäquate Darbietungsmittel seines Werks sei. Über verschiedene, extrem langwierige Umwege ist nun Robbe-Grillets bekanntester Film „Eden und danach“ erfreulicherweise erstmals ungekürzt und in edler Aufmachung doch auf DVD erschienen.

Primär ist Alain Robbe-Grillet vor allem Literaturwissenschaftlern ein Begriff. Als einer der Hauptvertreter des nouveau roman hat er mit seinem bekanntesten Roman La Jalousie 1957 eines der bedeutendsten Werke dieser Strömung geschaffen, deren Hauptanliegen es war – so schreibt auch Marcus Stiglegger in seinem umfangreichen Essay Filmgedichte vom Gleiten der Begierde – Anmerkungen zum Werk von Alain Robbe-Grillet, der dieser DVD im Booklet beliegt – „das Element der vermenschlichenden Analogie aus der Literatur zu verbannen“. Ähnlich der berühmten Exposition in Robert Musils Mann ohne Eigenschaften oder auch inspiriert durch La Nausée von Jean-Paul Sartre ist Robbe-Grillets La Jalousie von einer extrem naturalistischen, mathematisch präzisen Beschreibung der äußeren Umstände geprägt. Keine Emotionen, sondern rationale, kalte, exakte Geometrien stehen im Vordergrund und überschatten sowohl die Handlung als auch die Figuren des Romans. Einordnende Schlagworte als Etikettierungen wie das gern gebrauchte 'Form über Inhalt' werden Robbe-Grillets Vorgehen dabei nur marginal gerecht. Besser trifft hier die freie Umformulierung 'Form als Inhalt' zu, denn der Stil des nouveau roman ist eine experimentelle Methode, „scheinbar unbedeutende[n] Alltagsgegenstände[n] unvermittelt monströse Dimensionen“ abzugewinnen, wodurch eine neue Form des Erzählens entsteht.
Dieses literarische Prinzip überträgt Robbe-Grillet auch auf seine Filme und kann so durchaus als formaler Vorläufer moderner Pendler zwischen Genre- und Kunstfilm, wie bspw. Dario Argento oder Gaspard Noé, aber ganz besonders auch Arthouse-Meistern wie Bruno Dumont und Philippe Grandrieux verstanden werden. Dass nun nach über vierzig Jahren Robbe-Grillets Eden und danach erstmals als deutsche Heimkinoauswertung erscheint, bietet die Möglichkeit, den Film regressiv über die Werke o.g. Filmemacher ganz neu zu entdecken.

Die junge Pariser Bohème trifft sich regelmäßig im Café Eden, in dem mit Drogen experimentiert wird und sexuelle Phantasien ausgelebt werden. Als eines Tages ein Fremder in diese Gemeinschaft einbricht und mit Zaubertricks und bizarre Geschichten aufwartet, vermischen sich für die jungen Menschen Traum und Wirklichkeit. Besonders für die aufgeschlossene Violetta beginnt eine enigmatische Reise in die Tiefen ihres Unterbewusstseins...

Was soll man über diese Veröffentlichung noch anderes sagen als 'Bravo!“? Donau Film macht nicht nur einen lange verloren geglaubten Film wieder der Öffentlichkeit zugänglich, sondern auch in puncto Restauration gelingt dem Label ein großer Wurf. Sowohl das Bild, das im Originalformat präsentiert wird, als auch die gesättigten Farben sowie der Ton überzeugen auf ganzer Linie. Unter den Extras ist klar Marcus Stigleggers ausführlicher Essay hervorzuheben, durch den (besonders auch für Robbe-Grillet-Novizen) ein mehr als einführender Einblick in die Arbeit des großen Künstlers gewährt wird. Die neu montierte Version des Films ist zudem für Cineasten und Kenner von „Eden“ interessant und lädt zum Vergleich ein. Ein Interview mit Robbe-Grillet rundet das Bonusmaterial ab.

Der bekannteste Film von einem der bedeutendsten französischen Regisseure ist endlich erstmals erhältlich – und das in einer tollen Veröffentlichung. Der Pflichtkauf steht daher außer Frage. Weitere Robbe-Grillet-Filme sind vom Label angekündigt.

Kai Naumann