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Institution D.O.L.
Eleven Anticlerical Supersongs
(Steinkl. Ind. 2005) CD 11 Tracks
Auf dieser neuen CD bleibt Institution
DOL dem auf zwei vorangehenden Tonträgern (s.u.) entwickelten
Konzept treu: Stilfragmente und Klischees der Industrialszene werden gegen
den Strich gebürstet, oft unerwartet neukombiniert und mit originellen
Samples aufbereitet. Ein Wechselbad von Stimmungen und Ideen erwartet
auf "Eleven Anticlerical Supersongs" die HörerInnen, diesmal
in Zusammenarbeit mit einige Gastmusikern gebastelt. Das reicht von düsterambienten
Stellen über demontierte Rhythmen bis hin zu aufpeitschenden Powerelectronics
(Track 6 "Roman Strength" ist zugleich ein guter Anspieltip!).
Bei der Titelwahl herrscht ein bizarrer (Wiener?) Humor vor ("Blutiger
Rosettenwalzer", "Das Gebet für den Lebensmut", "Grille
fickt Killerfliege" - wäre eher für den Rhein-Main-Rhythmiker
Tarsus typisch), und die Selbstdarstellung
des Musikers "M" auf dem Cover lässt kaum einen Zweifel:
hier geht es eigentlich um Rock'n'Roll. Daher verwundert es auch kaum,
dass uns auf Track 10 mit Bain Wolfkind (Novo Homo)
eine Geistesverwandter mit düsterunterkühlten Vocals aufwartet.
Institution DOL zeigt sich
auf dieser liebevoll produzierten, vielseitigen CD einen guter Schritt
weiter und bietet postmoderne Industrialmusik, die einfach Spaß
macht, der aber zugleich die verbissene Schockattitüde zeitgenössischer
Powerelectronic-Acts abgeht. KatNik
(Cultural) Death by Consumism / Die Macht
(Torm Ent. 2000) CD 10 Tracks
Diskotheka Dekadenza
(Halbwelt 2004) 6 Tracks
Ich weiß sehr wohl, wie widersprüchlich
man sein muss, um wirklich konsequent zu sein...
Pier Paolo Pasolini
Diese Zitat ziert den aktuellen Tonträger einer postindustriellen
Einmann-Formation aus Österreich: M. alias Institution D.O.L., ein
in gewisser Weise prototypisches und doch originelles Produkt der inzwischen
wohl vierten Industrialgeneration... Der Nachteil der Spätgeborenen
ist natürlich, dass sich beim Hören stets ein Wiedererkennungseffekt
einstellt, der Vorteil ist , dass auch D.O.L. auf das gesamte Klangspektrum
zurückgreifen kann, das sich unter Power Electronics, Old School-Industrial,
Rhythm'n'Noise sowie Darkambient subsummieren lässt. Langweilig werden
die beiden vorliegenden CDs, denen bald eine dritte folgen soll (und eine
DVD), somit kaum.
Die erste CD lässt im zweiten Teil des Titels ("Die
Macht") das Thema durchscheinen, das hier verhandelt wird. Intro
und Outro bieten den gelungenen Rahmen: Wir hören Samples aus dem
Schluss von Pasolinis Film SALO, der absoluten Abrechnung mit der Macht
und deren Missbrauch. Auch die übrigen Titel, die eine erstaunliche
Ausdrucksvielfalt aufweisen, kreisen um dieses Thema ("Höllenkreis
des Blutes", "Zerfetzung durch Hund"). Track 6 ist PTV-Frontmann
Genesis P-Orridge gewidmet, und der wird sich wohl in diesem Kontext nicht
unwohl fühlen, wobei D.O.L. doch enorm harsche Klänge anschlägt.
Pulsierende Rhythmen prägen sich durch, sägende Noiseflächen
tauchen auf, doch über all dem liegt ein kulturpessimistischer düsterer
Schleier. Eine packende CD, auf perverse Weise
eingängig und doch verstörend.
Was wird aus einem solch vielversprechenden Beginn? Gegenwärtig
haben wir den Luxus, auf dem zweiten Tonträger mit dem schönen
Titel "Diskotheka Dekadenza" die Entwicklung D.O.L.s nachzuvollziehen.
Wieder stimmt uns ein filmisches Sample - diesmal okkulten Inhalts - ein.
Track 2 erinnert dann verdächtig an Ant-Zen-Rhythmus-Industrial -
eher inhaltsfrei und etwas monoton, aber durchaus tanzflächengeeignet.
"Ein Lied für den Weltfrieden" geht dann unmittelbar zur
Sache: Ein Presslufthammer, euphorische Vocals ("I've got it!"),
sägende Strukturen... "Shut up!" kehrt dann zu den Rhythmen
zurück, wenn auch kontrastreicher und experimenteller. Hinter "The
Poet" verbirgt sich - es erscheint wenig überraschend - Aleister
Crowley - nun ja, kein ungewöhnliches Sample, aber gut arrangierte
Atmosphäre, ein satte Steigerung. Ein bisschen erinnert das an die
Landsleute Current 909 (dOc). Und das Opus magnum der CD ist dann "Goldregen
in der Unterwelt", ein lange entwickelter Alptraum mit komplexer
Struktur und spannenden Einfällen. Es bleibt
ein etwas unausgewogener Eindruck mit deutlichen Hoch- und Tiefpunkten,
stilistisch jedoch kann man die erste CD als geschlossener betrachten.
Bedenkt amn Pasolinis vorangestelltes Motto jedoch, macht dieses Kontrastgebilde
durchaus Sinn.
:ms:
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