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Klaus Theweleit
Deutschlandfilme
Filmdenken & Gewalt
Stroemfeld / Roter Stern 2003, 296 Seiten, zahlreiche
sw-Bilder
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Zu Beginn der hier präsenten Überlegungen steht
ein wahrhaft denkwürdiger Satz: "Kino ist nicht als die Kunst
des 20. Jahrhunderts erkannt worden, die es tatsächlich ist."
Der Kulturphilosoph Klaus Theweleit, dessen Untersuchungen des faschistischen
Männerbildes ("Männerphantasien") sich noch immer
großer Bekanntheit erfreut, spricht eine zermürbende Tatsache
aus: In einem neuen Jahrhundert, das bereits den Film durch andere Medien
zu ersetzen trachtet, ist die eigentliche Qualität des audiovisuellen
Ausdrucks noch immer nicht in seiner ganze Qualität erfasst. Und
somit erarbeitet Theweleit seine Überlegungen zu 'Filmdenken und
Gewalt' auch nicht an notwendigerweise aktuellen Phänomenen, sondern
bemüht sich um einen neuen, originellen Blick auf bedeutende Filmkünstler
des letzten Jahrhunderts (Godard, Pasolini, Welles, Hitchcock) und belegt,
dass man aus ihrem Werk noch viel Inspiration schöpfen kann.
Besondere Aufmerksamkeit verdient die ausführliche
Würdigung von Pasolinis SALO, einer de Sadeschen Allegorie auf den
Nationalsozialismus. Hier verteidigt Theweleit das noch heute umstrittene
Werk: "Man bekommt keine Beschreibung der faschistischen Gewalt-Systeme
hin, ohne sich die Finger mit Details der Substanz zu beschmutzen"
(S. 238). Dieser Satz gilt im Übrigen auch für zahlreiche andere
'Abjekt'-Behandlungen, bei denen von eifrigen Kritikern lieber der Bote
(das Artefakt selbst) enthauptet wird, als der schmutzigen Wahrheit mutig
ins Gesicht zu sehen.
Das Buch "Deutschlandfilme" ist in all seiner
eingestandenen Subjektivität zweifellos ein großartiges Werk
der Filmphilosophie, das den Nutzen der Filmkunst für das Leben in
eindringlichen Worten beschwört.
PS: Eine ausführliche Besprechung des Buches
wird in :Ikonen: Heft 5 folgen.
Marcus Stiglegger
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