The Descent 2 / The Descent: Part 2

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R: Jon Harris
D: Shauna Macdonald, Natalie Jackson Mendoza, Krysten Cummings, Gavan O'Herlihy, Joshua Dallas
GB 2009, 90 Min.
Vertrieb: Universum
Veröffentlichungsdatum: 21.05.2010
Sprache: Englisch (Dolby Digital 5.1), Deutsch (Dolby Digital 5.1)
Untertitel: Deutsch für Hörgeschädigte
Bonusmaterial (ca. 55 Min.): Featurette – Die Entstehung, Making Of, B-Roll, Deleted Scenes, Interviews mit Cast & Crew, Audiokommentar mit Cast & Crew, Trailer, Wendecover

DVD: The Descent 2 – Ein Abstieg, wenn auch kein grauenhafter
Bereits fünf Jahre sind vergangen, seit Neil Marshall mit The Descent einen ausgezeichnet inszenierten, sehr ideenreichen Genreschocker ablieferte und damit vielen Fans des Horrorkinos große Freude bescherte.

Der Film begleitete eine Gruppe von langjährigen Freundinnen, die sich zusammen auf einen Trip in ein unerforschtes Höhlensystem begaben und dort auf das leibhaftige Grauen stießen: Blutrünstige Wesen mit menschlichem Körperbau, fledermausartigem Orientierungssinn und raubtierhaftem Fresstrieb fielen über die Gruppe her, die dadurch schnell auf brutale Art und Weise dezimiert wurde. The Descent funktionierte hervorragend, denn er setzte nicht bloß auf stupiden Exzess, sondern konzentrierte sich auf präzise Inszeniertes Grauen mit reichhaltigem psychologischem Subtext, das durch unkonventionelle Plot-Twists und Figuren angereichert wurde. Einen solchen Film in einer Fortsetzung auf gleichem Niveau weiterzuführen, scheint schwierig. Insbesondere in Anbetracht des bitterböse-nihilistischen, in sich ruhenden Schlusspunktes von Teil 1. Neil Marshall blieb diesem treu und übernahm für The Descent 2 nicht nochmals die Regie, er lieferte lediglich die Buchvorlage.
Unter der Hand von Jon Harris, zuvor als Cutter involviert, beginnt die Fortsetzung ähnlich wie Teil 1 sehr unmittelbar und kommt schnell zur Sache. Marshall entschied sich im Buch dafür, die Stärken von Teil 1 ohne Umschweife erneut zu nutzen – wenn er hierfür auch eine Handlungskonstruktion wählte, die Fans der Alien-Reihe sofort als wenig originell entlarven werden: In direkter Anknüpfung lässt er die einzige Überlebende und das Zentrum des vorigen Films, Sarah (Shauna Macdonald), aus der monströsen Höhlensystem entfliehen. Völlig traumatisiert und ohne Erinnerung an ihre unbegreiflichen Erlebnisse taucht sie zu Beginn im Wald auf und weckt so schnell die Aufmerksamkeit des Suchtrupps, der seit zwei Tagen die Wälder nach den vermissten Frauen durchkämmt. Trotz begründetem Misstrauen gegenüber der blutverschmierten aber unverletzten Überlebenden, haben die Retter um den kauzigen Sheriff Vaines (Gavan O'Herlihy) aus Zeitmangel keine Wahl: Nichtsahnend von der Gefahr beschließen sie, einen nahe gelegenen Mineneingang zu betreten und zusammen mit Sarah eine unteridische Suche zu starten. Selbstverständlich werden Sie fündig.

Was an The Descent besonders war? Dass er dem Zuschauer durch das immer wiederkehrende Trauma der Hauptfigur von Beginn an ein nicht zu verdrängendes Unwohlsein einbrannte. Sein Prinzip, dem Zuschauer während des Höhlenabschnitts nur Bilder zu zeigen, die durch authentische Lichtquellen wie Knicklichter oder Taschenlampen ermöglicht wurden. Die dadurch stets unübersichtlichen Räume, deren Tiefe, Form und natürlich deren Bewohner im spärlichen Lampenschein stets unberechenbar wirkten. Die Klaustrophobie, die durch konsequente Nahaufnahmen in engen Höhlenschächten und die Soundkulisse des Films ausgelöst wurde. Die Inszenierung der menschlichen „Opfer“, die erstaunlicherweise nie dumm handelten und schließlich brutaler und unmenschlicher präsentiert wurden, als ihre monströs aussehenden Verfolger. Und vor allem: Die sorgfältige ästhetische und dramaturgische Ausarbeitung der blutigen Szenarien zwischen barbarischen Gewaltexzessen und stilllebenhafter Ruhe.

The Descent 2 ist sich natürlich dieser Besonderheiten bewusst. Er nutzt Standardsituationen seines Vorgängers gekonnt aus und variiert diese einfallsreich genug, um Spannung aufzubauen. Die Handlung des Films ist dafür leider recht vorhersehbar und arbeitet unglücklicherweise mit recht klischeehaften Figuren, welche deutlich hinter den souveränen, sympathischen 'Heldinnen' des ersten Teils zurückbleiben. Insbesondere der völlig eindimensionale Vaines bietet keinerlei Gewinn für den Film, sondern stört die Stimmung des Geschehens sogar zum Teil massiv. Die hervorragende Lichtsetzung von Teil 1 findet sich darüber hinaus leider nur in enigen wenigen Szenen wieder, wärend in anderen völlig unmotiviert Wände und Umgebungen zu erkennen sind. Der Wechsel zwischen den Beleuchtungsstilen ist hierbei zunächst störend, fällt aber nach einer Weile nicht mehr ins Gewicht. Das ist vor allem dem Geschick geschuldet, mit dem Orte und Situationen von Teil 1 immer wieder aufgegriffen oder variiert werden. Im Grunde funktioniert The Descent 2 durch diese Strategie des Zitats wie eine Hommage an Teil 1. Fans werden sich Freuen, Liebgewonnenes nochmals serviert zu bekommen und dem Film sicherlich vergnügliche 90 Minuten abgewinnen – wenn auch mit deutlich weniger psychologischem Tiefgang als zuvor. The Descent 2 verschiebt seinen Fokus klar auf reines Spektakel. Insbesondere der Grad der Gewalt wurde erhöht und mit teils gelungenen Stimmungsfragmenten garniert, aber leider ohne der Einzigartigkeit des Vorgängers gerecht zu werden. Neueinsteigern sei aufgrund der starken Bezüge ans Herz gelegt, sich zunächst mit Teil 1 vertraut zu machen – der in einer schicken Steelbook-Edition erhältlich ist.
Die DVD von Universum präsentiert Teil 2 in sauberer Bildqualität, wahlweise als ungekürzte FSK-18 Fassung oder als FSK-16 Version. Zweifellos lebt ein Film, der in der Dunkelheit spielt, zu einem großen Teil durch seinen Ton. Die Abmischung der DVD ist ohne Patzer, hätte allerdings ein wenig Feintuning vertragen können. Hier wurde in puncto Ausnutzung von Raumklang leider etwas Potenzial verschenkt. Neben der englischen Originalfassung liegt eine gelungene, deutsche Synchronisation vor. In Anbetracht der Ausrichtung der Fortsetzung verwundert es nicht, dass das Bonusmaterial des Datenträgers inhaltlich eher wenig Tiefgang bietet, Neil Marshall scheint sich mit seinen Aussagen zum Film zumindest eher zurückzuhalten...

Es ist zwar aufgrund der genannten Schwächen verständlich, dass The Descent 2 keine Kinoauswertung finden konnte, aber doch recht schade. Denn gerade hier hätte der Film seine Schauwerte effektiv einem breiten Publikum präsentieren können. Zur näheren oder wiederholten Betrachtung bietet er leider etwas wenig Substanz und wird wohl wenige Zuschauern lange im Gedächtnis bleiben. Aufgrund seiner Production Values mag er unter den Fans des ersten Teils aber guten Zuspruch finden.

Dennis Vetter