Chef, Der - Un Flic Originaltitel: Un Flic Wenige Filme erfüllen den französischen Begriff des 'Polar' besser als die Polizei- und Gangsterfilme von Jean-Pierre Melville. 'Polar' beschreibt eine Welt der Kälte, Gewalt und Korruption, einen gewissermaßen 'kalten' Blick auf Frankreich, aus dem eine spezielle Art des Kriminalfilms entstand, der noch heute enormen Einfluss auf die Filmwelt ausübt: In DIE PURPURNEN FLÜSSE, 96 HOURS oder POINT BLANK (2011). Ivo Ritzer hat ein großartiges Buch zu diesem Phänomen herausgegeben ('Polar', Bender Verlag 2012). Und pünktlich zu dieser längst überfälligen Aufmerksamkeit bringt Studio Canal die unsterblichen Klassiker dieses Nationalgenres auf DVD und Blu-ray neu heraus: VIER IM ROTEN KREIS, DER ZWEITE ATEM, ARMEE IM SCHATTEN und: DER CHEF. DER CHEF mischt die Perspektive von Polizei und Gangster in einer fatalen Menage à trois: In der französischen Provinz wird eine Bank ausgeraubt. Der perfekt geplante Coup geht auf das Konto des Pariser Nachtclubbesitzers Simon (Richard Crenna). Kommissar Edouard Coleman (Alain Delon), ein guter Freund von Simon, wird auf den Fall angesetzt. Doch nicht nur, dass sie sich gegenseitig respektieren, sie lieben auch dieselbe Frau, Cathy (Catherine Deneuve). Simon hat schon einen neuen Raubzug im Visier, aber Coleman ist ihm dicht auf den Fersen. Wer Michael Manns HEAT ins Gedächtnis ruft, wird erstaunliche Parallelen entdecken in dem Respekt, den sich hier die Feinde zollen, in der Professionalität und Kälte, mit der sie ihr Handwerk ausüben. Das alles ist von großer Konzentration und Schönheit, sorgsam stilisiert, in mitunter langsamen und ruhigen Tableaus entfaltet. Nie zählt die Geschichte, immer steht die unmittelbare Performanz im Zentrum der Inszenierung. Und über allem die undurchdringlichen blauen Augen von Delon und Deneuve... Die DVD von Studio Canal glänzt durch brilliantes anamorphes Bild in bläulicher Monochromatik und bietet den etwas weicheren französischen Ton sowie die extrem kalte deutsche Synchronisation, die sich durchaus lohnt. Die nahezu pathologische Humorlosigkeit der Inszenierung wird so umso deutlicher. Als Bonusmaterial sicherte man sich retrospektive Interviews mit damaligen Teammitgliedern (Script, Regieassistenz), die einen einmaligen Einblick in Melvielles exzentrische Arbeitsweise bieten. Wir warten also auf DER EISKALTE ENGEL, den ikonischen Delon-Film von Melville. Doch bis dahin soll uns DER CHEF erfüllen... Marcus Stiglegger |
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