COLD SPRING news 2009 *
The Triple Tree Ghosts (Cold Spring 2008) CD 13 Tracks In England gibt eines Tradition des Erzählens makaberer Geschichten, in denen die beliebte Gothic Fiction des 19. Jahrhunderts ihre Wurzeln hat. Mortiaten mag man diese Oralliteratur nennen, und die beiden britischen Folkmusiker Tony Wakeford (Sol Invictus) und Andrew King haben sich auf diesem ihnen beiden vertrauten Terrain getroffen und eine bizarre Hörspielvision von Moritaten nach M.R. James gefertigt. Wer hier nach den gewohnten Folksongs sucht, wird eher enttäuscht werden. Statt dessen tritt ein schwarzer (britischer) Humor in den Fokus, untermalt von ätherischen Frauengesängen und einer Vielzahl akustischer Instrumente. Zudem versammelte man weitere Szenegrößen wie John Murphy, Renee Rosen oder Kris Force. Das umfangreiche Booklet des schön gestalteten Digipaks enthält die mitunter rätselhaften Texte und großartige fotografische Selbstinszenierungen der Musiker. Angesichts der sehr unterschiedlichen Ansätze, die hier vermischt wurden und des schrägen Humors sei die CD vor allem jenen ans Herz gelegt, die diese Aspekte auch in anderen Werken von Wakeford und King schätzen und von einem karnevalesken und experimentellen Charakter nicht abgeschreckt sind. Das Stück "The Ghosts of England" könnte ein kleiner Klassiker werden. Ein befremdliches und verrücktes Kleinod - in bezaubernder Verpackung. *
Satori Kanashibari (Cold Spring 2008) CD 8 Tracks Seit einigen Jahren kann Satori als eine der führenden britischen Ambient/Ritual-Formationen neben Band of Pain gelten, und mit "Kanashibari" legen sie ihr über alle Zweifel erhabenes Meisterwerk vor: Dichte Tiefbassdrones, gepaart mit mitreißenden Drumpattern, mal treibend, mal meditativ brütend, gelegentlich verhallte Samples - hier bekommt man auf höchstem Niveau die gesamte Palette des im Grunde sehr eingeschränkten Genres geboten. Vergleiche bieten sich mit dem Sound der deutschen Loki-Foundation an, deren Flaggschiff Inade einen ihrer Klassiker "Aldebaran" auf Cold Spring veröffentlicht hatten. Tiefschürfende Sounds aus der Unterwelt des menschlichen Geistes, Alptraumcollagen, die dem berühmten Alptraum-Gemälde, das das Cover ziert, Rechnung tragen. Titel wie "Nocturnal Fury", "Paralysis" oder Threshold Consciousness" künden von Urängsten, zu deren Projektionsfläche die dichten Kompositionen hier werden. "Kanashibari" von Satori ist unverzichtbar für Fans des Genres. *
Bleeding Heart Narrative all that was missing we never had in the world (Cold Spring 2008) CD 12 Tracks Es beginnt mit einem Inferno von Noise. Doch unvermittelt schleichen sich filigrane, fast gläserne Klänge ein. Eine zarte Pianomelodie. Elegische Gitarrendrones, und auf Track 3: sphärischer Gesang. Silver Mt. Zion kommt in den Sinn - und doch sind Bleeding Heart Narrative (ein großartiger Bandname) höchst eigen. In jedem Fall sind sie Post: Postrock, Postindustrial, Postfolk. Streicher und Chorus stimmen ein. Melancholie und eine Ahnung des Sakralen. Auf eine kurze Klavierpassage folgt eine monumentales Droneopus von 9 Minuten. Man hätte ein solches Album eher auf Neurot vermutet, nah an Harvestman. Spannend und verdammt gut gemacht auf jeden Fall. Und unheimlich. Irritierend. Track 7 entfaltet schleichende Angst. Flirrende Streicher. Das Cover aus grober Pappe und wie von Hand beschrieben leistet sein Übriges. Nächtliches Wandern, Surrealismen. Nurse With Wound grüßt von Ferne, trifft Contrastate auf dem Weg. Track 8 bezaubert mit verspielter Zupfgitarre. Bis danach diffuse Erinnerungen durchbrechen. BHN sind sich der Wahl ihrer Mittel bewusst, gestalten das Album als Reise ins Unterbewusste, schaffen ein Wechselbad aus Verwirrung und Schönheit, aus Lärm und Harmonie, bis der finale Psychedelic-Folktrack den Hörer langsam zurückholt. "all that was missing we never had in the world" ist großartig. Ein seltener Glücksfall. Aber vermutlich zu sperrig und künstlerisch, um dem Genrepublikum zu gefallen. Vielleicht wäre einfach mehr drin: das ist wirklich moderne Musik. *
Satori Contemptus Mundi (Cold Spring 2008) CD 2 Tracks Cold Springs Hausband Satori hat sich mit Peter H. Gilmore , dem gegenwärtigen Oberhaupt der Church of Satan, verbündet, um einen gegenwartskritischen Spoken-word-Essay zu vertonen. Das heißt finsterstes Ritualambiente mit der durchaus pathetischen sozialdarwinistischen Tirade, die man von Gimore erwartet. "Contemptus Mundi" ist also durchaus programmatisch und bietet keine kreativen Überraschungen. Wer sich für den besagten Themenkomplex interessiert, wird zweifellos seine Freude haben an diesem schwarzambienten Kleinod. Dennoch ist "Contemptus Mundi" nicht so eigenständig wie der Vorgänger "Kanashibari". *
Ten Horned Beast My Horns are a Flame to Draw Down the Truth (Cold Spring 2008) CD 5 Tracks Deep Calls from the Deep. So hieß mal ein Stück von Lustmord. Und so könnte das Programm von Christopher Waltons neuem Album lauten. Walton prägte einst die luciferische Ritualformation Endvra, bevor er mit Tenhorned Beast seinen ureigenen Obsessionen Klang verlieh. "My Horns are a Flame to Draw Down the Truth" ist sein zweiter Tonträger und enthält drei alternative Mixes des Debütalbums sowie zwei weitere Ambienttracks. Ambient heißt hier also: Deep Calls from the Deep. Nicht allzu viel mehr. Aber auch nicht weniger. Dazu eine beinhart okkulte Covergstaltung samt Runen und Sigillen. Affirmative Klangkunst, minimalistisch, konsequent. Finsterstes Grollen, generisch und traditionsgemäß. Ultraminimalistische Darkdrones für konsequente Black-Ambient-Fanatiker. Very Special Interest. :ms: |
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