Civic Duty - Störkanal Edition USA | 2006 Zeiten der Krise erweisen sich vor allem für die Kunst als fruchtbarer Nährboden. So erlebte das Hollywoodkino der frühen 1970er Jahre seine Renaissance unter dem Einfluss von Vietnamkrieg, Studentenprotestens, Watergate und Attentaten. Das Paranoiakino von Alan J. Pacula verarbeitete die Stimmung der Zeit und hinterließ uns mit KLUTE, THE PARALLAX VIEW und ALL THE PRESIDENT‘S MEN unvergessliche Klassiker des Genres. Mit den verheerenden islamistischen Terroranschlägen am 11. September 2001 holte die Realität jede Fiktion ein und schuf weltweit ein Klima der Verunsicherung und Angst, das in der voranschreitenden Islamisierung der westlichen Kultur nur noch eines erkennen konnte: eine schleichende Okkupation, der jedes Mittel recht sei, die eigenen Ziele zu erreichen. Die revanchistischen Gegenschläge der westlichen Gemeinschaft in Afghanistan und dem Irak drehten die Spirale der Gewalt letztlich nur ein Stück weiter. Das ist die Stimmung, der die amerikanische Independent-Prouktion CIVIC DUTY entstammt. Es ist die Zeit nach 9/11: Die Angst vor dem weltweiten Terrorismus ist allgegenwärtig und hat auch die private Welt der nachbarschaftlichen Gemeinschaft infiziert. So ist auch der Alltag des entlassenen Buchhalters Terry Allen nur von dem einen Thema bestimmt. Obsessiv verfolgt er in den Medien die allgegenwärtige Berichterstattungen über George W. Bushs „Kampf gegen den Terror“. Als im Nachbarhaus ein islamischer Student einzieht, keimt in Terry der Verdacht, dass es sich bei ihm um einen 'Sleeper‘ handelt, der heimlich einen Terroranschlag vorbereitet. Er fängt an, den neuen Nachbarn zu beobachten, findet Indizien und will um jeden Preis die wahre Identität entlarven. Doch nicht einmal seine Frau glaubt ihm, ganz zu schweigen von dem FBI-Mann, den er kontaktiert. Also dringt er illegal in die Wohnung des Nachbarn ein, wo er chemische Utensilien, Kisten voller Briefumschläge und zahlreiche Überweisungsnachweise einer islamischen Organisation findet. In einem Kurzschlussakt nimmt er den Studenten als Geisel und provoziert einen Polizeieinsatz. Mit katastrophalen Folgen… Jeff Renfroes nicht mehr ganz frischer aber noch immer hochaktueller Paranoiathriller macht es sich nicht leicht. Mit atmosphärischem Sounddesign, avancierter Kameraführung und suggestiven Flashcuts taucht er ganz in die Sicht des Protagonisten ein, dessen Perspektive beklemmend einleuchtend vermittelt wird. Doch es wäre zu einfach, es bei den Wahnvorstellungen eines verwirrten Vigilanten zu belassen, denn das hieße letztlich, die latente islamistische Terrorgefahr zu verharmlosen. Renfores Film folgt dem Pfad der Ambivalenz, selbst wenn er das vigilantische Vorgehen deutlich in Frage stellt. Eine leichtfertige Antwort verweigert er ebenso. Die längst überfällige deutsche Veröffentlichung präsentiert den Film im richtigen Kontext –als unabhängiges, kontroverses Kino in der Störkanal-Reihe. Das Booklet arbeitet zutreffend die Bezüge zu Alfred Hitchcocks DAS FENSTER ZUM HOF und Mark Pellingtons ARLINGTON ROAD heraus. Ansonsten liegt leider nur ein Trailer als Bonusmaterial vor. CIVIC DUTY gehört somit zu den spannendsten Entdeckungen der erfreulichen DVD/BD-Reihe Störkanal. :ms: |
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