Cindytalk

The Crackle of My Soul

(Mego 2009) CD 10 Tracks

Bruce Gilbert

Oblivio Agitatum

(Mego 2009) CD 3 Tracks

Die britischen Wave-Klassiker Cindytalk auf dem österreichischen Experimentallabel Mego? Das erstaunt den Fan zunächst, macht aber neugierig. Gordon Sharp hat Cindytalk seit den frühen 1980er Jahren als eine der prägenden düsteren Wavebands etabliert, die mit ihrem atmosphärischen 4AD-Sound zwischen Cocteau Twins und Wolfgang Press bekannt wurden. Seine dunkle, warme Stimme ergänzte sich mit dezenten Klavierakkorden und gelegentlichen ekstatischen Ausbrüchen in Rockgefilde.

1995 erschien mit "Wappin Shaw" auf World Serpent die letzte offizielle LP, nun geprägt von einem eher noisigen Rockgitarrensound. Dann wurde es lange still. 2001 ging Sharp erneut ins Studio und begann die Aufnahmen zu einem neuen Album, das erst 2009 abgeschlossen wurde und nun unter dem durchaus typischen Titel "The Crackle of my Soul" vorliegt. Schriftzug und die pastellene Covergstaltung knüpfen an frühere Werke an. Die Musik jedoch schlägt einen neuen Weg ein. Statt Stimme, Gitarre und Klavier dominiert nun der digitale Laptop-Sound: Bearbeitete Sounds, aufwändig für eine Raumklangwirkung prozessiert, lassen sich nun tatsächlich ins Umfeld der Mego-Bands und -Künstler einordenen. Kalte, befremdliche Atmosphären entfalten sich im Raum, nehmen in dieser Technizität gefangen, und erfahren nur selten Entspannung in warmen Harmonien.

Dabei präsentiert sich "Crackle" nicht nur äußerlich, sondern auch dem Aufbau nach ganz als konventionelles Songalbum mit 10 Tracks. Eine Falle? Oder einfach die Übertragung des ursprünglichen Konzepts in eine neue Welt, ins 21. Jahrhundert. Konservative Fans werden davon enttäuscht sein, wer jedoch die Entscheidungen des bewunderten Künstlers respekiert, kann sich auf ein erstaunliches Erlebnis gefasst machen.

Passend und ähnlichen renommiert kommt die parallele Veröffentlichung des britischen Avantgardemusikers Bruce Gilbert daher: "Oblivio Agitatum". Strukturalistische Klangexperimente auf höchstem Niveau, die an die Kompositionsprinzipien der Neuen Musik anknüpfen und diese ins 21. Jahrundert überführen. Mego ist und bleibt ein mutiges und spannendes Label.

:ms: