Chandeen

Pandora’s Box

(Kalinkaland Records) CD

Die hessischen Chandeen schlagen eine Brücke von Frankfurt nach Berlin, denn ihre Werkschau – und gleichzeitig ihr Abschied – beginnt mit einem Zitat aus „Der Himmel über Berlin“. Mit der Öffnung der Büchse der Pandora hat das Album allerdings nicht viel gemein, weder stürzen die Stücke die Menschheit ins Verderben, noch hat das Album die verruchte Verführungskraft einer Lulu, auch wenn die meist poppigen Soundgefüge durchaus eine erotische Note tragen. Dabei dominiert bei Chandeen jedoch mehr das zarte, romantische, weich gezeichnete Frauenbild. Ihr easy-listening Heavenly Voices irgendwo zwischen Ambient und Lounge-Pop passt hervorragend in eine gehobene Bar mit viel Art Decor, Koi-Aquarium und rotem Kuschelsofa. Dort gibt es dann neben überraschend gelungenen, süßen Geschmackskombinationen so mach klebrig Überzuckertes. Die Beliebigkeit macht sich zuweilen auf diesem Schlussstrich unter 13 Jahre Musik breit, doch die träumerische Atmosphäre der Stücke verbindet die unterschiedlichen Stücke aus verschiedenen Abschnitten der Banddiskographie und hält die Stücke in einer leichten schwebenden Note. Ein gelungenes Farewell, dass jedoch auch die Fallstricke des Genres aufzeigt: Einlullende Atmosphäre und Kitsch liegen eng beieinander.

Soul Whirling Somewhere

The Great Barrier

(Kalinkaland Records) CD

Die Seele wirbelt ins Nirgendwo – ohne Ziel, kein Halten, ein reines Treiben. Jedoch kein Strudel, kein alles aufsaugender Vortex, nicht Beschleunigung, mehr ein mäanderndes, langsames Gleiten durch den leeren Raum, eine tief empfundene Einsamkeit. Und dann die große Barriere. Verlassen, desolat klingt diese, die Schranke zwischen zwei nihilistischen Zuständen, hier nichts, dort nichts, die große Nivellierung. Michael Plaster, der Kopf hinter Soul Whirling Somewhere klingt nicht so, als wolle er Hoffnung geben, trotz einiger warm eingefärbter Momente bleibt doch am Ende wieder das alles verschlingende Vakuum, denn auch das Glück ist nur eine kurze Erinnerung, eine Sehnsucht, die nicht erfüllt wird. Mit seinem leidenden Gesang, der zuweilen fast schon forciert melancholisch klingt und seinen sanften Gitarrentönen will er sich in Richtung The White Birch bewegen, ohne jedoch ganz deren tiefen Naturmystizismus zu erreichen. Das ist sicher auch nicht die Absicht, denn auch in der Natur findet er keinen Halt und auch die Seele kann nicht weiter: I can’t move on. Gestrandet im Endlosen.

Martin Kreischer