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CARLOS DER SCHAKAL
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DVD Start: 27.05.2011
FSK: ab 16
Laufzeit: 180 min
Regionalcode: 2
Tonformate: Deutsch (Dolby Digital 5.1), Englisch (Dolby Digital 5.1),
Französisch (Dolby Digital 5.1)
Untertitel: Deutsch
Bildformat: 16:9 / 2,35:1 Anamorph Widescreen
Bonusmaterial: Hauptfilm, Kinofassung, Kinotrailer
„Terrorismus ist ein Faktum der modernen Weltpolitik,
schon lange - aber Carlos ist ein Mythos. In dem Sinne, dass das Individuum
Ilich Ramírez Sánchez eine Art Monster erschaffen hat, aus
dem mit Hilfe der Medien Carlos wurde. Carlos ist ein Archetyp, ein Phantom,
das Superhirn des Bösen. Dass Ilich Ramírez nicht diese Person
ist, ist doch klar. Ich wollte natürlich schon die Maske herunterreißen,
etwas darüber herausfinden, wer die Person dahinter ist. Die Geschichte
von Carlos ist die Geschichte, das Schicksal dieser Person.“ Olivier
Assayas
CARLOS, das Phantom – eine Legende der 'wilden siebziger
Jahre’. Mit Barett und Bart stilisierte sich der meistgesuchte Terrorist
seiner Zeit, der letztlich eine Art Söldner war, als Nachfahre von
Che Guevara – um selbst durch Gewalt zum Popstar zu avancieren.
1979 hatte René Cardona jr. in Mexiko bereits eine exploitative
Actionvariante des Thema gedreht: CARLOS EL TERRORISTA, doch dort ist
noch nichts zu spüren, von jenem verwegenen Popappeal, den der Terrorismus
jener Jahre heute ausstrahlt. Olivier Assayas, einer der spannendsten
Autoren des jüngeren französischen Films, hätte einen ähnlichen
Weg gehen können, denn eigentlich war seine Fernsehproduktion CARLOS
(2009) eher als 90-minütige Etüde geplant, die sich auf seine
Festnahme im Sudan 1994 konzentrieren sollte, doch in der Recherche wurde
sich Assayas des Potentials bewusst und weitete den Film zum epischen
Biopic aus, das sowohl in der dreistündigen Kinoversion als auch
als dreiteilige Miniserie Verbreitung fand. Der Film begleitet in chronologisch
fragmentierter Narration den venezuelanischen Terroristen bei mehreren
Aufträgen, während seines Überfalls auf das OPEC-Hauptquartier
in Wien 1975 und endet in dem Verfall von CARLOS’ Wert auf dem internationalen
Markt: Am Ende gilt er als lästiges Relikt des abklingenden Kalten
Krieges und wird von seinen Verbündeten (u.a. der Stasi) verraten.
Édgar Ramírez spielt CARLOS in unterschiedlichen Altersstufen
(und physischen Konstitutionen) als charismatischen Krieger-Charakter,
der sich Menschen (vor allem Frauen) hörig macht, um ein vielschichtiges
Netzwerk zu etablieren, in dem er sich geschützt bewegen kann. Wie
dünn diese Membran jedoch wirklich ist, zeigen zahlreiche Standardszenen
des Films: die notwendigen Grenzübertritte, die immer wieder zu Risiken
werden. In solchen Szenen wird deutlich: Es geht um Adrenalin, um ein
unstetes Leben in Gefahr, um die Welt als ewigen Krieg. Ramírez
zeigt, dass Carlos eher Abenteurer als Intellektueller war: „Ich
habe alle belastbaren Quellen genommen zu Dingen, die er gesagt hat“,
betont Assayas. „Die drei Szenen, in denen er richtig redet, sind
vollständig belegt. Ich habe das verkürzt, aber es ist alles
aus erster Hand. Die Sprache der Linken war damals so eigenartig, aber
Carlos klang besonders seltsam. Was diese Szenen über ihn sagen:
Er hatte Überzeugungen - aber ein Denker war er nicht gerade.“
Bemerkenswert ist die Besetzung der weiblichen Hauptrollen
mit jungen deutschen Schauspielerinnen: Nora von Waldstätten als
seine langjährige Geliebte und Julia Hummer als ultra-radikale Waffenschwester,
die in überzeugend exzessiven Sequenzen ihrem Hass auf die Autoritäten
freien Lauf lässt.
Wie in früheren Werken baut Assayas auf die Synergie
von Popmusik und Film: Er nutzt Songs von The Wire und New Order, um das
Lebensgefühl einer zeit zu vermitteln, die diese Bands noch nicht
einmal erahnte. Solche Anachronismen sind Assayas’ Stragie, um die
Kontinuität jener ideologischen Leere zu betonen, die auch heute
immer wieder nach Neobesetzung zu verlangen scheint. Mehr als alle anderen
zeitgenössischen Terrorismusfilme betont CARLOS, dass es eher ein
Lebensgefühl als eine politische Disposition ist, die den Terrorismus
der 1970er Jahre leitete. Und ähnlich wie Andreas Baader wurde Carlos
zu einer Art Popstar in seiner Zeit, der jugendlichem Aufbegehren einen
aggressiven Ausdruck zu verliehen schien. Um welchen Preis das geschah
– auch das zeigt Assayas.
Das deutsche Label NFP – im vertrieb von Warner
– bringt CARLOS in drei Versionen: Als Kinofassung (180 Min.) auf
DVD, als Vierer-DVD-Set inklusive Director’s Cut (330 Min.) und
Bonusmaterial (lange Interviews mit den Schauspielern und Assayas), Trailer,
sowie als ultimative Blu-Ray, die auf drei Scheiben das gesamte Material
bietet. CARLOS wurde zum Teil bewusst körnig und 'flach’ im
Stil des Kinos der 1970er Jahre inszeniert, daher sind vor allem die Nachtszenen
nicht für Blu-Ray prädestiniert, doch insgesamt ist diese Version
doch die überzeugendste. Vom tempo her funktionieren sowohl Kino-
als auch Extended-Fassung, es lohnt sich also, mit der kurzen Version
zu beginnen und dann die lange als Vertiefung noch einmal zu sehen.
Marcus Stiglegger
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