Babylon

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Regie: Ralf Huettner
D 1991
86 Min.
Darsteller: Natja Brunckhorst, Dominik Raacke, Veronica Ferres
Freigabe: FSK 16
Vetrieb: good!movies / Midnite Xpress / Independent Partners / Indigo
Start: erhältlich

Der Genrefilm hatte es in Deutschland nicht immer schwer. In den 1950er Jahren waren es die Heimatfilme, später folgten die Karl May- und Edgar-Wallace-Filme, die die erfolgreiche Identität der deutschen Filmlandschaft ausmachten. Erst nach dem kurzen Siegeszug des deutschen Sexfilms der 1970er Jahre stellte man sich um. Der Neue Deutsche Film erhob den Autorenfilm zum Kult, die Filmförderung bestimmt bis heute die Produktion. Einzelnen Versuchen, in diesem Klima deutsches Genrekino zu drehen (Roland Klick, Eckhart Schmidt), war wenig Resonanz beschieden. Ralf Huettners Mysterythrille BABYLON hatten noch 1991 unter dieser Tendenz zu leiden. Nun kann mit einer aktuellen DVD dieses zu Unrecht vergessene Werk wieder entdeckt werden.

Inspiriert durch die frühen Filme von David Cronenberg und Roman Polanski, aber auch den italienischen Giallo-Thriller erzählt 'Babylon’ die mysteriöse Geschichte des Machos Lothar und der sensiblen Krankenschwester Maria (Natja Brunckhorst aus CHRISTIANE F.!). Als Maria nach einem One-Night-Stand von Lothar schwanger ist, bricht ihre Welt nach und nach zusammen. Lothar entpuppt sich nicht nur als rücksichtloser Egomane, sondern scheint mit der Hölle im Bund zu sein. In Maria keimt die Saat des Bösen.

Huettner kombiniert auf atmosphärisch reizvolle Weise drastische Motive des modernen Horrorkinos und des erotischen Psychodramas zu dem vielschichtigen Porträt einer traumatisierten Frau. Das ambitionierte Label Midnite Xpress präsentiert den Film in sehr guter Qualität (16:9 anamorph), und fügt neben dem betagten Trailer vor allem einen frühen Hochschulfilm Huettners bei (IN AFRIKA IST MUTTERTAG), der ganz nebenbei Berlin in den Wave-Jahren (1984) dokumentiert. Was Wolfgang Büld (PENETRATION ANGST) seit Jahren versucht – BABYLON ist es schon längst gelungen: spannende Arthouse-Exploitation auf erstaunlichem Niveau.

Marcus Stiglegger