Brighter Death Now

Kamikaze Kabaret

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(Cold Meat Industry 2005) CD 8 Tracks

Old-School-Industrial hat in einer Zeit, in der alle Strömungen letztlich zu Pop geworden sind, kaum noch autentische Gesichter. Brighter Death Now, die Hausband des Cold Meat-Labelchefs Roger Karmanik dagegen, steht als unbeugsamer Fels in der Brandung und behauptet sich mit harschen Power-Electronics und noisigen Death-Industrial-Passagen gegen die Wellen von hirnloser Rhythm'n'Noize-Tanzmusik.

BDN gehen zurück zu den Wurzel der Industrial Music for Industrial People, wie sie Throbbing Gristle auf ihrem Label Industrial Records kultiviert und zur Legende gemacht hatten. William Burroughs wird ebenso gehuldigt wie dem True-Crime-Kult ("Crimescene Nostalgia") und der totalitären Geste der frühen Power-Electronic-Bands (Grey Wolves, Con-Dom, Genocide Organ): Karmanik klagt und brüllt sich durch infernalisch dröhnenden und oft monoton strukturierte Lärmkaskaden. Den menschlichen Niederungen wird in bester Whitehouse-Manier Rechnung getragen ("O baby (I want to throw up"), die übelsten Randbereiche der Konsumgesellschaft werden thematisiert und sogar scheinbar affirmiert.

Wer den vordergründig betrachtet inhumanen Aspekt dieser harschen Apokalyptik schon immer beargwöhnte, wird an "Kamikaze Kabaret" ebenfalls wenig Freude haben, doch wer nach dem letzten, dem autentischen, handgemachten und brutalen Old-School-Industrial sucht, sollte sich diese CD ebenso besorgen wie den ähnlich gelagerten Vorgänger "May All Be Dead" (1998), der bereits im Coverartwork Bezug zur Punklegende CRASS suchte. Track 9 ("Take me away") erinnert zudem erstaunlich an Jello Biafras Punk-Projekt LARD..."Slight punk mode ON" steht auch im Begleittext des neuen Werkes, und tatsächlich finden wir in Roger Karamaniks origineller Vision vor allem eines: ästhetisiertes und dekonstruiertes Chaos in Reinform. Eindrucksvoll und beklemmend!

Marcus Stiglegger