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Antonin Artaud
Schwarze Tasche/ Finsteres Fleisch
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Ein Hörspiel von Michael Farin und zeitblom
Mit Alexander Hacke, Jens Harzer , Nadeshda Brennicke, Meike Schlüter
und Christian Wittmann
Musik: Tony Buck, Alexander Hacke und zeitblom
16 Seiten, Audio CD mit Booklet, ca. 55 min.
ISBN 978-3-88221-712-4
€ 14,80 / CHF 27,50
"Man muss begreifen, dass
der ganze Verstand nur eine gewaltige Eventualität ist ... und dass
man ihn verlieren kann."
Antonin Artaud
"Es ist wahr, daß Artaud
am Geist und durch den Geist gelitten hat. Es ist wahr, daß sein
Denken Schmerz gewesen ist und sein Schmerz das unendliche Denken. Aber
die Heftigkeit, die er in seltsam unschuldiger Qual erträgt, weist
wie die Revolte, die sein Wort bekräftigt, und weit davon entfernt,
nur Ausdruck eines persönlichen Antriebs zu sein, auf den Aufruhr,
der aus der Tiefe des Seins kommt."
Maurice Blanchot
Im Grund bietet sich die leidenschaftlich-expressive Prosa
und Lyrik des zu Lebzeiten verfemten und verkannten Dichters Antonin Artaud,
der die letzten Jahre seines Lebens in einer Nervenheilanstalt dahinsiechte,
vor allem für eine Adaption im Medium des Hörspiels an. Zu bizarr
und drastisch ist die Bildwelt, die seine Worte entfesselt, als dass man
sie direkt visualisieren könnte. Zu konkret waren Artauds eigene
Forderungen an ein ekstatisches Theater der Grausamkeit, als dass man
sich damit messen wollte.
Das nun als Audio-CD vorliegende Höspiel "Schwarze
Tasche / Finsteres Fleisch", ein Hörspiel von Michael Farin
und zeitblom in Zusammenarbeit mit dem Neubauten-Musiker Alexander Hacke,
ist nicht etwa die Vertonung eines dramatischen Textes Artauds, eines
seiner Rituale etc. Was wir hier in vielschichtiger Gestaltung zu hören
bekommen, ist eine Collage aus Artauds Korrespondenz mit Jacques Rivière,
sowie einiger kleinerer Schriften. Wie verschiedene Stimmen einer multiplen
Persönlichkeit treten die fünf Sprecherinnen und Sprecher in
einen imaginären Dialog, der einen intensiven Blick auf Artauds gequälte
Seele zulässt. Ganz nebenbei ist dies auch eine Anklage an die mittelalterlich
anmutenden Behandlungsmethoden, mit denen die Insassen von Nervenheilanstalten
in den 1930er Jahren traktiert wurden. Vor allem bewusstseinsverändernde
Drogen kommen mehrfach zur Sprache. An den intensivsten Stellen strebt
diese Collage, die auf DeutschlandRadio Kultur am 2. März 2008 zu
ersten mal zu hören war, den verzweifelten Aufschrei von Artauds
selbst überlieferten Tondokumenten an.
Musikalisch sind die multiplen Dialoge von einem jazzigen
Post-Rock unterlegt, der sich gelegentlich etwas in den Vordergrund mogelt
und vermutlich die einzige zeitgeistige Schwachstelle des Unternehmens
darstellt. Eingeschränkt wird der 55-minütige Genuss dadurch
nicht.
Ein Genuss ist die finstere Schwarzweiß-Gestaltung
in Stil der Artaud-Bücher des Matthes&Seitz-Verlages, auf die
das Hörspiel erneut Lust macht. "Schwarze Tasche / Finsteres
Fleisch" ist so ein 'Hörbuch' aus eher unerwarteter Ecke und
zugleich die avantgardistische Antwort auf die Flut des banalen und gefälligen
auf diesem Markt. Mehr davon.
Marcus Stiglegger
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