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The Fernando Arrabal Collection
5 / 5 Sterne
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THE FERNANDO ARRABAL COLLECTION
DVD036 • $79.95 • 87/90/100 Minutes • 1970/1973/1975
• Color • French/Spanish Language • English Subtitles
• Not Rated • Widescreen/16x9 • Director: Fernando Arrabal
Release date: November 15, 2005
DISC ONE:
VIVA LA MUERTE
In French and Spanish with optional English subtitles
DISC TWO:
I WILL WALK LIKE A CRAZY HORSE
In French with optional English subtitles
DISC THREE:
THE GUERNICA TREE
In French with optional English subtitles
SPECIAL FEATURES:
• New Digital Transfers, Enhanced for 16x9 TV's
• Interviews with Fernando Arrabal
• Liner Notes on each film by Rayo Casablanca
• Theatrical Trailers
• Lobbycard Galleries
• New English Subtitle Translations for each film
• Postcard
Limited Edition of 4,000 Copies
Zu den bedeutendsten Wiederentdeckungen des US-Labels
Cult Epics zählten vor allem Fernando Arrabals surrealistische Klassiker
VIVA LA MUERTE und I WILL WALK LIKE A CRAZY HORSE. Beide Filme entstanden
in ähnlichem Kontext wie Alejandro Jodorowskys
frühe, wilde Phantasmagorien, sind jedoch ungleich politisch-aktionistischer
verortet. Fernando Arrabals Theater, das
den Filmen vorangeht, ist etwa zwischen dem absurden, dem surrealistischen
und dem ,,Theater der Grausamkeit“ Antonin Artauds anzusiedeln.
Zusammen mit dem Mexikaner Alejandro Jodorowsky gründete er das 'Paniktheater',
ein Experimentierfeld für multimediale Performancekonzepte. Wenigen
ist heute bekannt, dass Arrabal auch Filme inszeniert hat, in denen er
zu Beginn der siebziger Jahre seine Konzepte radikal auf den Punkt brachte.
Nun ist es so weit: In einer limitierten Box, ausgestattet
mit interessanten Extra, präsentiert Cult Epics nun die Fernando-Arrabal-Collection,
die zusätzlich zu den remasterten beiden Filmen einen dritten, THE
GUERNICA TREE, enthält.
VIVA LA MUERTE (1970) basiert auf Arrabals autobiografischem
Roman ,,Baal Babylone“ (1958), in dem er (geboren 1932) die Ereignisse
seiner Kindheit aufarbeitet. Sein Vater (Ivan Henriques) war in Melilla,
Spanisch Marokko, als republikanischer Offizier stationiert. Bei dem 1936
von Marokko ausgehenden Putsch Francos wurde er jedoch verhaftet und von
der Mutter für tot erklärt, die mit den Kindern zu ihren Eltern
nach Spanien zurückkehrte. In Roman und Film deutet Arrabal an, das
Trauma seiner Kindheit sei die Ahnung, seine Mutter selbst hätte
den Vater an die Frankisten verraten. VIVA LA MUERTE war zugleich der
Schlachtruf der Faschisten im spanischen Bürgerkrieg, die zu Beginn
des Films mit dröhnendem Lautsprecher an dem kleinen Jungen Fando
(Mahdi Chaouch) vorbeifahren. Der Junge erlebt den Bürgerkrieg, der
seine Familie zerstört, als alltägliches Drama, das seine Familie
zerstört, als alltägliches Drama, das seine persönliche
Entwicklung nachhaltig prägen wird. Immer wieder sucht er Kontakt
zu seiner fast inzestuös verehrten Mutter (Nuria Espert), die ihn
mit katholischen Sühnemaßnahmen unterdrückt. Zudem wird
er von seiner Tante (Anouk Ferjac) verführt, die ihren religiosen
Wahn mit sadomasochistischen Praktiken auslebt. Unfähig, seine Erlebnisse
zu verarbeiten, steigert er sich in bizarre Traumwelten voll blutiger
Rituale und beginnt selbst, grausame Streiche zu spielen.
Arrabal sucht mit monochrom eingefärbten Visionen nach
seinen damaligen Träumen, entwirft Rituale der Initiation, die immer
wie-der von monotonen Fragen und Antworten unterbrochen werden, in denen
die Mutter dem Sohn ihre verquere, faschistische Weltsicht vermittelt.
Filmisch gesehen ist VIVA LA MUERTE selbst ein Schlachtruf der künstlerischen
Anarchie. Arrabals hypnotische Bildcollagen arbeiten so instinktiv wie
präzise, folgen der zyklischen Struktur seiner literarischen Arbeit.
Erst später, mit dem surrealen Episodenfilm I WILL WALK LIKE A CRAZY
HORSE (1973), wird er sich Luis Bunuels
surrealistischem Universum annähern. In VIVA LA MUERTE blieb er vorerst
der visionäre Primitive des Films.
I WILL WALK LIKE A CRAZY HORSE ist von Struktur und Inszenierung
her komplexer und weniger stringent. Erzählt wird die Geschichte
der Mannes Aden (George Shannon), der aus der zivilisterten Welt flüchtet,
nachdem er seine kontrollsüchtige Mutter getötet hat. In der
nordafrikanischen Wüste entdeckt er die Schönheit der Wildnis
und wird unter der Aufsicht der zwergwüchsigen Mystikers Marvel (Hachemi
Marzouk) als Mann initiiert. Aden verliebt sich in den geheimnisvollen
Zwerg, der mit den Tieren, den Wolken und der Sonne kommunizieren kann,
und nimmt ihn mit nach Paris. Dort wird ihm bewußter denn je, wie
sehr sich die Menschheit von ihren Wurzeln und der Natur entfremdet hat.
Aden stirbt im Kugelhagel der Polizei. Marvel bringt seine Leiche in die
Wüste zurück und verspeist sie in einem rituellen Akt.
In diesem zweiten Film erzählt Arrabal eine allegorische
Liebesgeschichte, die er mit einer teilweise verstörenden, teilweise
grotesken Schockästhetik aufbereitet und sich so Alejandro Jodorowsky
episodischen Hauptwerken EL TOPO und MONTANA SACRA (beide in Italien bei
Raro Video auf DVD erhältlich) annähert. Für den 'zweiten
Frühling' des filmischen Surrealismus ist dieser Film exemplarisch
und kann nun auf DVD neu entdeckt werden.
THE GUERNICA TREE ist der lange verschollene Abschluss der
Trilogie von Arrabal. Wie Picassos Gemälde thematisiert er die Bombardierung
der Stadt Guernica, wobei er hier ein ungleich revolutionäreres und
politischeres Szenario entfaltet als die den vorangehenden persönlicheren
Filmen. Die Ausdrucksmittel jedoch die gleich geblieben: Körpertechniken,
Paniktheater, Performance, aber auch verzehrende Leidenschaften, irreale
und anachronistische Momente. THE GUERNICA TREE vervollständigt das
Bild von Arrabals surrealistischer Trilogie zu einem anarchistisch-monumentalen
Gesamtkunstwerk, das die künstlerische Wirkungskraft dieses Mannes
zur voller Entfaltung bringt.
Als Bonus sind alle Filme mit äußerst amüsanten
Selbstinszenierungen Arrabals ausgestattet, wenn er etwa auf dem Hollywood-Boulevard
Touristen anspricht, ob sie GUERNICA kennen würden (einige kennen
zumindest das Gemälde). Oder wenn er mitten im Interview einen Stuhl
vor sich dreht, seien Schuh auszieht und darin schnuppert - Arrabal ist
der anarchistische Surrealist und Provokateur geblieben. Der Box ist noch
eine Postkarte beigelegt, auf der Hitler, Mussolini und Franco ein nacktes
Mädchen foltern...
Für Filmfans mit außergewöhnlichem Geschmack,
Anhänger des Surrealimus und Suchende nach transgressiver Filmkunst
ist diese DVD-Box einer der Höhepunkte der letzten Jahre. Absolut
großartig - und eine bedeutende archivarische Leistung!
Marcus Stiglegger
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