Apoptose

Schattenmädchen

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(Tesco 2007) CD 7 Tracks

Einige Jahre sind vergangen, seit Apoptose mit der ambitionierten Ritualmusik-CD "Blutopfer" einen ebenso komplexen wie sperrigen Kommentar zum Osterfest in Calanda veröffentlichten. Die Erwartungen waren über lange Zeit gespannt, und tatsächlich vermag auch "Schattenmädchen" wieder zu überraschen. Zunächst einmal hat man es hier nicht mit einem durchkonzipierten Album zu tun, auch wenn das technosophiosche Artwork von Kenji Siratori dies vermuten lässt. Klanglich kehrt man teilweise zur ersten CD "Nordland" zurück: satte Drones, fast sinfonische Melodiefragmente, dunkel pulsierende Drums, lange verhallende Klänge. "Schattenmädchen" ist tatsächlich die Zusammenstellung der vereinzelten Compilationtracks der letzten Jahre und wird von Tesco im liebevollen debossed Cover, teilweise glanzbeschichtet, präsentiert.

Track 1 "Asche" bereitet einen Beitrag zu der Heilpflanzen-Compilation "Infernal Proteus" (2002) wieder auf ("Eichensiechtum") und überzeugt mit geheimnisvollen Stimmfetzen und unheimlichem Glockenspiel. "Violet Silence" (2007) zeigt sich inspiriert von der Cyberspace-Literatur von Siratori und untermalt einen englisch gesprochenen Text über Leben in Simulationswelten. Rhythmen und Melodien fallen hier leichter und chilliger aus. Gelegentlich erinnert das an die Soundtracks von John Carpenter, was an der konsequenten Verwendung von Keyboards liegt.

Man ahnt, dass das titelgebende Schattenmädchen etwas mit dem Nachwuchs des Musikers zu tun haben könnte, und tatsächlich erklingt auf Track 3 Amélie/Apoptose mit einem geflüsterten deutschen Text, der wie ein Intro zu Siratoris markanten japanischen Vocals funktioniert. Hier dominieren technoide und kalte Klänge. Wie bei den vorangehenden Stücken fällt auch die ausgedehnte Länge der Stücke auf, was eine Miniaturdranmaturgie innerhalb der Strukturen ermöglicht. "Ba-137m" setzt den genannten Weg fort und mündet erstmals in Industrialnoise-Schleifen, die sich über eine trancige Melodie legen. Das Sample der Zeitansage ("Null") wird auch später noch auftauchen.

Im Booklet findet sich ein poetisches Krankentagebuch, das die Textgrundlage von "Karla" (Track 5) bildet, wobei hier die Stimmen jedoch massiv verfremdet werden. Eigenartig und deprimierend, zugleich aber auch eines der schwächeren Stücke auf dieser CD. "2wei Sonne" knüpft thematisch deutlich an die früheren esoterischen Motive an und stammt von der "Solaris Collaboration" (2000). Sinfonische Strings erheben sich hier in kosmische Höhen: eine fasziniernde Miniatur, die in sägenden Power-Electronics-Wällen endet.

"Null" war bereits ein Höhepunkt der hauseigenen :Ikonen:-Compilation "...in the Crystal Cage" (2004), und macht sich auch hier sehr gut, wobei der Mix leicht verändert erscheint. Hier taucht auch das Zeitanasage-Sample wieder auf. Mit fast majestätischen Harmonien wird diese Zusamemnstellung beschlossen.

Wer Apoptose bereits für einen eigenen, durchaus erlebnisreichen Zugang zum Ambientgenre schätzte, wird an dieser Zusammenstellung ohnehin seine Freude haben. Mit einem homogenen Konzeptalbum hat man es leider nicht zu tun, doch die hohe Qualität der einzelnen Beiträge und die sorgsame Covergestaltung garantieren einen sicheren Tip!

:ms: