Angizia

Kokon – Ein schaurig schönes Schachtelstück

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(Medium Theater) CD, 16 Tracks www.anigzia.com

Angizia beehren uns wieder mit einem wunderbar seltsamen Tonkuriosum. Die Band hat es bis heute geschafft komplett eigenständig, unangepasst und eigensinnig zu bleiben – auch wenn dies nunmehr heißt, dass die Formation nur noch über den Eigenvertrieb ihre Musik verbreitet. Das ist gerade in den heutigen Zeiten sicherlich nicht einfach, zeigt aber, dass dem Kopf hinter Angizia, Michael Haas, das künstlerische Schaffen mehr wiegt, als das Publizieren von Material um ein bestimmtes Soll zu erfüllen. Dabei ist das neuste Werk wieder weitaus zugänglicher als der Vorgänger „Ein Toter fährt gern Ringelspiel“ und erinnert mehr an das Frühwerk „Das Schachbrett des Trommelbuben Zacharias“. Geblieben sind die Klezmer-Einflüsse, die Bezüge zu Kunstlied und Absurdem Theater sowie eine uneingeschränkte Lust am Fabulieren, lyrisch angelehnt an Expressionismus, Surrealismus und vor allem Kafka, diesmal jedoch mit einem leichten Einschlag Richtung Beckett, denn das Monadische von „C’est ca“ findet hier eine Entsprechung als hermetisch abgeriegelter Kokon. Die überschäumende Theatralik verzerrt die Lyrik zuweilen bis ins Komisch-groteske, das Morbide hat eine starke Präsenz. Zudem sind die Sänger wieder einmal exzellent ausgesucht und in absoluter Spiellaune. So ist auch erneut Jochen Stock von Dornenreich mit seiner überschlagenden Stimme mit von der Partie – was bei Dornenreich inzwischen in schwülstiger Poetik erstickt wird, hat hier eine Chance im Absurden die eigene Fallhöhe bewusst zu machen und so scheitert das Kitschige direkt an der eigenen Entstellung – wäre davon doch noch etwas bei Dornenreich übrig! Angizia hingegen bleiben ambivalent, komisch und tragisch zugleich, dabei immer so erfrischend stur eigenbrötlerisch, dass auch „Kokon“ im Subtext von einer Band erzählt, die sich nicht verbiegen will. Herrlich versponnen und grandios absurd.

MK