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Philip Akoto
"Menschenverachtende Untergrundmusik?"
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Münster 2006, 117 S., Volumenpapier, 17 Sw-
und 32 Farbabbildungen, br., Bibliographie, einige englische Zitate, Farbcover,
ISBN 3-933060-21-4 (ISBN-13: 978-3-933060-21-1), EUR 13,80
"Menschenverachtende Undergroundmusik?"
Dieser Titel ist zunächst ein Zitat. Und dann eine Frage. Der Autor
signalisiert unmittelbar, welchen Weg er zu gehen gedenkt: Er strebt nach
einer kritischen Hinterfragung jener Vorurteile, mit denen die unaufgeklärte
(Medien)Öffentlichkeit jener "Todesfaszination zwischen Entertianment
und Rebellion am Beispiel von Gothic-, Metal- und Industrialmusik"
begegnet. Erschienen ist der kleine Band (117 Seiten) in dem zensurkritischen
Verlag von Roland Seim. Es ist also kein weiteres Subkultur-Bashing zu
erwarten, wie man es aus politisch motivierten Kreisen der Poptheorie
kennt, sondern der Versuch einer kundigen Hinterfragung kultureller Techniken
und Phänomene.
Wissenschaftlich durchaus nachvollziehbar beginnt Philip
Akoto mit einer Definition seines Analyseinstrumentariums: Todesbilder
in den Medien, Ambivalenz, Todesfaszination als kulturelle Tradition.
Literatur, Film, Fernsehen usw. kommen zur Sprache. Danach folgen die
soziologischen Betrachtungen, insbesondere eine kritische Betrachtung
der Subkulturtheorie. Bereits in dieser Einleitung wird eine Schwäche
deutlich, die dem Format der Magisterarbeit geschuldet ist: ein etwas
pragmatischer Aufbau, gelegentlich unelegante Formulierungen und zugleich
ein gewisser kursorischer Gestus, denn schließlich will man zum
Thema kommen. Die Einzeldarstellungen einzelner Subkulturen (Gothic, Industrial,
Metal in seinen Spielarten) fallen dann wiederum sehr knapp aus, und gerade
die Parallelführung von Gothic und Industrial mutet eher unüberzeugend
an. Sicher, es gab vor allem in den 1990er Jahren durchaus ein gemeinsames
Publikum, doch beide Richtungen haben letztlich unterschiedliche Ursprünge,
Intentionen und Moden. Industrial als "direktes Subgenre des Gothic"
(S. 97) zu bezeichnen, ist schlichtweg eine Fehleinschätzung.
Während die Auswahl einzelner Bands in den folgenden
Kapitel sinnvoll erscheint, um einen genaueren Blick auf die Stile werfen
zu können, ist speziell die Auswahl der Gothicrockband Thanateros
etwas erstaunlich, denn deren Spur im Genre ist eher marginal.
Hier dürften persönliche Kontakte geholfen haben. Die Auswahl
von Thee Grey Wolves als Industrialgruppe
ist da interessanter, wenn auch die Analyse sehr an der Oberfläche
bleibt, und eher auf Interviewpassagen eingeht, denn auf die eigentliche
Musik und Performanz. Und den Briten mangelnde Reflexion zu unterstellen,
liegt vor allem dann nah, wenn man sich nie eingehender auf deren Konzepte
eingelassen hat. Die CD "Division" (Tesco) kann durchaus als
medien- und gegenwartskritische Erfahrung ernstgenommen werden.
Das kurze Fazit gleichT nochmals die Analysen ab, kommt
aber erwartungsgemäß nicht zu sehr neuen Ergebnissen. Blackmetal
bleibt in seiner ewigen Sympathie für ultrarechte Systeme schwer
problematisch, Industrial aber verdient offenbar einen zweiten Blick,
wenn hier auch gelegentlich ein unreflektierter Gestus durchscheine. Ansonsten
bleibt die Subkultur potentiell gesellschaftskritisch, selbst den Gothics
wird das diesmal zugestanden. Dabei wird Subkultur getrennt von den 'kulturellen
Räumen' betrachtet, die die genannten Musikstile bezeichnen.
Autor Akoto
Philip Akoto, geb. 1976, schloss mit dieser musiksoziologischen
Arbeit sein Studium der Soziologie, Politikwissenschaft und Neueren und
neuesten Geschichte an der Westfälischen Wilhelms-Universität
Münster ab. Zudem ist er freier Musikjournalist für diverse
Onlinemagazine. Als Musiker ist er seit 1993 aktiv in verschiedenen Dark-Ambient-/Metal-Bands,
u.a. die Melancholholics, eine gitarrenbasierte
Darkambientband. Akoto ist daher nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch
mit der Materie vertraut, was man seinen vorsichtigen und offenen Überlegungen
zu Blackmetal und Power Electronics auch anmerkt. Immerhin teilt er sich
als Musiker mit den Grey Wolves einen Vertrieb.
Wer sich mit Todesmetaphern und Popkultur auseinandersetzen
möchte, kann diesen kleinen Band tatsächlich als eine erste
Annäherung gebrauchen, er sollte jedoch nicht ohne zusätzlich
konsultierte Referenz genutzt werden. Die Perspektive des Autor ist in
ihrer aufgeschlossenen Suche nach konstruktiven Elementen lobenswert und
lässt auf einen zukünftig reflektierteren Umgang der Musikpresse
- auch in schwierigen Bereichen - hoffen.
:ms:
Links: http://www.telos-verlag.de/
www.melanchoholics.de
www.exposedguts.de
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