Aus dem finsteren Wald...

Interview mit der Formation Graumahd von Martin Kreischer

 

Sie brauchten nur ein Album. Mit ihrem Erstwerk „Cheru“ haben die Österreicher en passant eines der wohl eigenständigsten Werke deutschen NeoFolks geschaffen. Zwar greifen sie auf das bereits bekannte Instrumentarium des Genre zurück – bauen ihre Stücke aber auf einem sehr eigenen Fundament. Die urwüchsige Stimmung hebt sie von anderen deutschen-sprachigen Bands ab, sie vermischen NeoFolk mit behutsam eingesetzten Orgelklängen und leicht psychadelischen Pilzstimmungen. Der Blick auf die Natur konzentriert sich auf kleine Begebenheit, durch diese Induktion lässt sich allerdings der große Lauf des Kosmos erkennen, das Sein und Werden alles Lebenden. Die Musiker erläutern sich und ihre Musik im Gespräch mit :Ikonen:.

Der Begriff der Alpinen Mystik wird meist mit Sturmpercht in Verbindung gebracht. Dennoch würde ich auch Graumahd in diesen Kontext einordnen, mit einem etwas ernsteren Bezug als die doch eher närrischen Perchten ...

Wolf: Vielleicht ist das die typisch österreichische Note. Dabei sollte erwähnt sein, dass wir zu jener Bevölkerungsgruppe gehören, die in der Großstadt aufgewachsen sind und daher nicht so häufig in alpine Gegenden kommen, wie Leute aus den westlicheren Gebieten von Österreich. Nichtsdestotrotz bin ich sehr angetan von dieser Art von Mystik und den herrlichen österreichischen Sagen aus allen Bundesländern. Ich halte mich auch sehr gerne in den Bergen auf und genieße die Natur und den Übermächtigen Eindruck schroffer Landschaften. Möglicherweise rührt dieser ernstere Bezug auch wirklich aus der großen Stadt, wo man doch auch immer wieder mit sehr herben sozialdarwinistischen Problemen konfrontiert wird und viel von einer ursprünglichen Unbeschwertheit verloren geht.

Jörg: Mir gefällt der Begriff "alpine Mystik", da ich und sicher auch viele andere Österreicher mit eben diesen Sagen groß geworden sind. Diese Mystik stellt somit sicher auch einen großen Einfluss auf uns als Band dar. Generell haben wir uns textlich aber nicht zu sehr darauf spezialisiert, wie es z.B. Sturmpercht, Waldteufel oder auch Elli Riehl gemacht haben. Leider sind mir beim Bergsteigen oder Klettern hier in der alpinen – und voralpinen Gegend noch keine dieser Fabelwesen erschienen, aber ich wüsste, glaub ich, sowieso nicht was ich machen sollte, wenn auf einmal ein Moosweibchen vor mir stehen würde.

In euren Texten geht es vornehmlich um den Kreislauf der Natur, Sein und Vergehen. Ein ständiger Zyklus von Leben und Tod. Was hat euch dabei geprägt, wie entstehen die Text zu Graumahd?

Wolf: Die Texte entstehen sehr häufig aus der Auseinandersetzung mit philosophischen Themen, die auch einen romantischen Bezug haben, die es also erlauben, die Gedanken schweifen zu lassen. Sein und Vergehen, oder auch zyklische Formen, wie etwa die ewige Wiederkehr eignen sich hervorragend, um Texte für Graumahd zu schreiben. Gepaart mit der oben erwähnten Naturmystik und Elementen, die sich aus diesem Kontext auf Österreich beziehen, wie etwa mittelalterliche Bauernlieder oder Sagen, ergibt das im groben den Themenkreis aus welchem wir die Ideen für unsere Texte schöpfen. In Zukunft werden wir vielleicht die textliche Ebene um das Element der Ferne oder des Reisens erweitern.

Wie kam es zu dem Cover? Soll es die textliche Ebene aufnehmen? Das Verenden des Hirsches als Memento Mori?

Wolf: Bei dem Cover ging es zunächst einmal nicht darum das gesamte Konzept zu repräsentieren, sondern vielmehr das Titelstück, nach welchem auch die CD benannt ist. Wenn man so will, zeigt das Cover gemäß der Überlieferung den toten Führer der Cherusker, welcher einer These nach der Nibelungensohn Siegfried war. Dabei kommt es weniger auf den Wahrheitsgehalt, als auf das mystische, oder auch romantische Moment der Sage an. Tatsache scheint zu sein, dass die Römer in der Varusschlacht vernichtend geschlagen wurden. Aus vielen Geschichten rund um dieses Ereignis haben wir ein Stück geschrieben, welches, wie schon in der Frage angedeutet, aus den Elementen Krieg, Sieg, Niederlage, Leben und Tod besteht. Ich denke vor allem, dass mich das Tragische an dieser Geschichte sehr berührt hat. Egal ob man jetzt die Sage betrachtet, oder versucht die Geschichte zu rekonstruieren. Kurze Zeit nach einem großen Sieg, stirbt der Held auf gewaltsame Art und Weise. So gesehen halte ich auch den Begriff Memento Mori für sehr passend.

Jörg: Das Cover ist ein Foto von einem Denkmal namens "Kaiserjagdstandbild" welches bei Bad Ischl im Salzkammergut steht. Über dem Hirsch steht noch in 3 Meter Höhe Kaiser Franz Joseph mit umgeschnallter Jagdbüchse, der sein geschossenes Opfer begutachtet. Den haben wir aber weggelassen. Wichtiger waren uns die Darstellung des Hirsches und die Umgebung des Denkmals. Ein Weg zu dem Denkmal führt durch einen Waldweg, der in meinen Gedanken immer der Zugang zum heiligen Hain hätte sein können, zu dessen Bewohnern auch der Hirsch gehört. Dieses Thema wird speziell auch in "Die letzte Nacht" aufgegriffen und beschäftigt uns in der einen oder anderen Form auch weiterhin.

 

Welchen Stellenwert schreibt ihr der Musik zu? Ist sie wichtiger als der Text oder hat bei euch beides dieselbe Gewichtung?

Wolf: Ich würde sagen, dass das eine immer das andere ergänzen soll. Daher haben für mich beide Elemente dieselbe Gewichtung. Text und Musik sollten zusammenpassen. Ich kann mir ein Graumahdstück nicht mit einem Text vorstellen, in welchem der R'n'R gepriesen wird. Das wäre dann vielleicht auch eher auf einer närrischen Ebene. Aber nachdem sowohl hinter den Texten als auch hinter der Musik oft lange Überlegungen stecken, sind beide Elemente für das Gesamtkunstwerk unerlässlich. Ein schöner Text bzw. ein schönes Gedicht kann genauso packend sein wie eine schöne Melodie.

Jörg: Obwohl mir, durch meine Rolle bei Graumahd, beides gleich wichtig sein sollte, muss ich sagen, dass ich der Musik einen höheren Stellenwert einräume. Wir wollen mit unserer Musik weder soziale Systeme bekämpfen, noch irgendjemandem unsere Meinung aufdrängen. Ich glaube Graumahd könnte auch ganz gut rein instrumental funktionieren.

Cheru beruht auf dem Stück Cythraw von Soulsearch, vor allem textlich aber auch musikalisch sind einige Parallelen zu finden. Wie kam es dazu? Euch müsste die Wiederentdeckung von Soulsearch durch Steinklang gefreut haben ...

Wolf: Die Wiederentdeckung von Soulsearch freut mich für die Band, weil ihr dadurch erneute und verdiente Aufmerksamkeit zukommt. Soulsearch gehört sicherlich zu den interessantesten und besten österreichischen Bands der letzen Jahre. Der Einfluss auf uns ist definitiv nicht zu leugnen.

Jörg: Das erste Mal wurde ich auf Soulsearch aufmerksam, als ich ein Interview mit ihnen in einem kleinen BM Fanzine las, das ein Freund von uns machte. Mich faszinierte die "archaische" Art von Thom sich auszudrücken. Wenig später hörte ich ein Lied von ihnen auf einem Sampler und kaufte ihre CDs. Ich halte sie nach wie vor für eine der extrem unterbewerteten österreichischen Bands, vor allem ihre Abschieds 10" Iherno. Als wir über das textliche Konzept von Cheru sprachen fiel mir die erste Strophe von Cythraw ein. Sie passte perfekt zu Cheru. Ich fragte H.J., den ich vor ein paar Jahren durch Max (Steinklang) kennen gelernt habe, ob wir sie adaptieren dürfen. Thom und er willigten ein und Wolf machte noch eine zweite Strophe dazu. Den beiden gefällt unsere Version auch gut, was mir persönlich wichtig ist.
Die Neuauflage der 10" als Cd mit zusätzlich ausgewählten Liedern hielt ich sowieso für überfällig. Aber: Soulsearch sind tot. Umso mehr freute mich die, äußerst gelungene LP von einem der Nachfolgeprojekte "Our Survival depends on us", die in Eigenregie erschienen ist. Auch im ruhigeren Counterpart "Magdalena", die gerade eine MCD auf Steinklang/Ahnstern heraus brachten, hört man den Geist Soulsearch's raus. Für beide Bands meine absolute Empfehlung.

NeoFolk wird meist mit dilettantischen Strukturen in Verbindung gebracht: Einfache Akkorde und schräger Gesang. Graumahd dürften mit ihren doch schon komplexeren Strukturen nicht richtig dazu passen ...

Jörg: Ich glaube, dass wir da eher wegen der, bei Graumahd beteiligten Personen, nicht dazu passen "dürften". Neo-Folk war für mich musikalisch immer breit gefächert, Bands limitierten ihre Möglichkeiten nicht selbst und meisterten sehr oft eine Gradwanderung zwischen Dilettantismus und Genialität zu ihren Gunsten. Irgendwann kam eine Zeit, in der – so genannte – Neo-Folk Bands wie Pilze im Spätsommer aus dem Waldboden schossen. Einige Pilze schmecken sehr gut oder haben zumindest andere, äußerst angenehme Nebeneffekte, der Rest ist ungenießbar bis tödlich. Das lässt sich auch ganz gut auf den damaligen Trend in der "Neo-Folk Szene" übertragen. Allerdings hat sich das ja eh seit einiger Zeit gebessert, oder? Ich verfolge das nicht mehr so genau.
Und schrägen Gesang gibt's bei uns teilweise auch ;-)

Wolf: Ich würde uns auch nicht in diesen typischen NeoFolk Kontext setzen. Auch wenn wir natürlich einen starken Bezug zum NeoFolk haben, geht es uns vordergründig darum Musik zu machen die uns gefällt. Da wir alle ein sehr weites musikalisches Spektrum haben und auch gern technisch ausgefeilte Musik hören, sind die komplexen Strukturen auch ein Teil von Graumahd. Sehr einfache Musik kann aber auch sehr gut sein, wenn ich da jetzt z.B. an Darkthrone denke. Ob wir letztendlich in diese oder jene Szene passen, entscheiden ohnehin nicht wir. Ich persönlich bin sehr froh darüber, wenn nicht nur NeoFolker zu unseren Konzerten kommen, oder unsere Musik hören.
Vielleicht sollt' ich wieder versuchen ein bisserl zu singen, dann wär der Gesang noch schräger.

Ohnehin scheint ihr euch im Widerstreit mit dem Genre zu befinden: Deutlich betont ihr immer wieder die Verwandtschaft vor allem zum Psychadelic Rock/Krautrock der 70er. Ist es daher für euch nicht etwas widersprüchlich, doch immer wieder nur in der NeoFolk-Szene rezipiert zu werden?

Jörg: Cheru ist doch sehr "Neo-Folkig", die Lieder sind teilweise einige Jahre alt. Da hatten wir noch andere Interessen, andere Zielsetzungen. Graumahd war ein reines Studioprojekt und unsere Einflüsse waren sicher andere. Man hört aber auch bei Cheru, dass Lieder die später entstanden sind (z. B. Ohne Welt oder Cheru) sich teilweise schon sehr von den Älteren unterscheiden. Wir waren bei der 7" auch schon von psychedelischen Folk/Rock beeinflusst, nur hat sich die Gewichtung verändert. Ich würde sagen, dass wir heute viel offener sind, was Graumahd betrifft. Mittlerweile ist es mir persönlich auch nicht mehr so wichtig ausschließlich akustische Instrumentierung zu verwenden, da ist mir das Ergebnis viel wichtiger. Natürlich werden wir weiterhin größtenteils akustische Instrumente bespielen, das ist für uns eine Herausforderung und macht Graumahd aus.
Mir macht es nichts aus in Neo-Folk Kreisen rezipiert zu werden, im Gegenteil, aber der Anteil anderer Medien könnte natürlich höher sein. Heutzutage muss das Eine auch nicht das Andere ausschließen. Aber da sind wir mit HauRuck!/Tesco recht zufrieden.

Wolf: Naja, ich glaub nicht, dass wir nur in der NeoFolk-Szene rezipiert werden. Sicherlich macht das den größten Anteil aus, aber genauso gibt's ein interessiertes Publikum aus dem Metal-Lager und seit neuestem, was mich auch besonders freut, weil es sich um eine scheinbar ganz und gar nicht verwandte Szene handelt, seitens des HipHop. Damit darf ich auch auf Mr. Toxic verweisen, welcher das Titellied unserer CD als Inspiration hernahm und einen schönen Remix daraus machte. Auch wenn wir uns auf Psychadelic Rock der 70er berufen, soll das eher zeigen, welchen Einflüssen wir uns gerne aussetzen. Mit unserer Musik können wir uns diese Szene sicherlich nicht erschließen, allerdings gäb's da noch die interessante Option etwas in Richtung Wyrd-Folk zu unternehmen, oder die Musik vermehrt mit progressiven Elementen zu mischen, wie man das jetzt schon bei einigen Bands beobachten kann.

Empyrium und Ulver sind die ersten gewesen, die den NeoFolk mit filigraneren Strukturen angereichert haben, als die frühen Apocalyptic-Folk-Bands. Seht ihr da einen Umbruch, ein Abspalten der "neuen" Bands von den "alten"?

Wolf: Das neue war wohl, dass man sich nur mehr auf die filigranen Gitarren konzentriert hat. Das haben ja Ulver oder Empyrium nie gemacht, deshalb kann man sie als Bands auch keinem Genre zuordnen. Bis zu einem gewissen Punkt war diese Spezialisierung auch durchaus interessant, später kam es oft nur noch zu inzestuöser Vervielfältigung und einer kompletten Abschottung gegenüber anderen Einflüssen. Es muss ohnehin jeder für sich selbst entscheiden, ob das gut ist oder nicht. Für uns ist das jedenfalls keine Option.

Jörg: Ich würde das nicht so sagen, da Ulver wie Empyrium aus einer anderen "Szene" stammen. Zwar gab es immer wieder Berührungspunkte (wie etwa Ulvers genialer Beitrag zum legendären "Souvenirs from Hell" Sampler von Cthulhu oder Empyrium auf dem "Lichttaufe" Sampler) und sicher sind einzelne Alben große Inspirationsquellen für viele MusikerInnen aus dem Genre, eine Abspaltung traue ich ihnen aber allein wegen der "Szenefremdheit" nicht zu. Da war, denke ich, die "Erfindung" des deutschsprachigen Neo-Folks eine größere Zäsur.

Warum wurden auf der 7" damals die einzelnen Stücke nicht benannt? Warum habt ihr nun zu Titel gegriffen?

Wolf: Das hat sich einfach so ergeben. Für die 7" gab es schon Arbeitstitel, die wir auch intern für Konzerte benutzt haben. Aber irgendwie konnten wir nicht für jedes Stück einen passenden Namen finden und so hat kein Stück einen Namen bekommen. Auf der aktuellen CD hatten wir uns sehr viel Zeit gelassen, auch mit den Texten und dem Konzept, daraus haben sich dann auch die Namen entwickelt. Außerdem war Georg der Meinung, dass es sich immerhin um unser Debüt-Album handelt und es würde einer Weglegung gleichen, wenn wir den Kindern jetzt keine Namen geben.

Die letzten drei Stücke bilden eine Trilogie, wie kam es dazu die drei Stücke zusammenzugruppieren? Ist der Auwaldschatten nur durch die textliche Ebene verbunden?

Jörg: Eigentlich ja. Uns erschien es interessanter mehrere Lieder aus dem Gedicht zu machen. Natürlich passen die drei Teile auch harmonisch zueinander, da sie ja auf der CD ineinander übergehen.

Wolf: Bei Auwaldschatten ist es jedenfalls so, dass der Text zunächst maßgebend für die Musik war. Das heißt, dass beim schreiben der Musik Rücksicht darauf genommen wurde, wie der Text aufgebaut ist bzw. was wir daraus machen wollten. Durch die Idee der Trilogie musste auch die Musik verbunden werden und so wurde die Musik zu Auwaldschatten eigentlich auch komponiert – eine Verbindung gibt es, zumindest für uns, auch musikalisch aus der Entstehung des Stücks heraus.

Insgesamt habt ihr eine sehr schlichte Aufmachung für das Album gewählt. Soll nichts von der Musik ablenken?

Wolf: Das hat sich eigentlich auch ergeben. Wir hatten ein paar Ideen und sammelten graphisches Material. Dann haben wir uns zusammengesetzt und aus vielen Möglichkeiten erschien uns das vorliegende Ergebnis das Beste zu sein.

Jörg: Um ehrlich zu sein, wollten wir auch nichts Aufwendigeres. Ich mag spartanische Verpackungen wie sie z.B. TMLHBAC oder eben Der Blutharsch oder einige BM Bands haben. Genauso gefallen mir aufwendig gestaltete Cover, wenn ich da an einige LPs aus den 70ern, oder an limitierte Sachen aus dem Industrial/Neo-Folk Bereich denke. Diesmal siegte das Spartanische. Allein aus Zeitmangel und unseren sehr beschränkten graphischen Fähigkeiten.

Wie sieht es mit Konzerten von Graumahd aus, wird es welche geben? In welchem Kontext werden diese Konzerte stehen?

Wolf: Für Konzerte sind wir immer offen, wenn es entsprechende Angebote gibt. Ein Problem ist auch die große Anzahl von Musikern, die wir für einen Auftritt benötigen. Mittlerweile gibt es ja Überlegungen unsererseits zu acht zu spielen. Kontextmässig wären uns jedenfalls auch Veranstaltungen recht, die nicht nur von der und für die NeoFolk-Szene sind.

Jörg: Im Moment haben wir ein paar ganz gute Angebote für Konzerte, aber es ist für uns tendenziell eher schwierig Konzerte zu realisieren, da wir alle auch genügend andere Verpflichtungen haben. Wie Wolf bereits erwähnt hat, überlegen wir uns in Zukunft live zusätzlich mit einem Bassisten und einem Organisten zu arbeiten um den Sound voller zu machen. Ein paar andere technische Änderungen/Verbesserungen haben wir auch vor, aber das zu erläutern würde jetzt wohl zu weit führen.

Als österreichische Folk-Formation steht ihr recht alleine da, außer Allerseelen, den bereits erwähnten Sturmpercht oder Der Blutharsch, die nur in einer erweiterten Definition dem NeoFolk zugeordnet werden können, übernehmt ihr praktisch eine Vorreiterrolle…

Wolf: Vorreiterrolle klingt so großartig, vielleicht ist das aber ein wenig übertrieben. Ich glaube schon, dass wir momentan eine von wenigen Bands sind, die dieses Genre bespielen. Aber neben den von dir genannten Projekten sollte man noch Magdalena erwähnen, mit Mitgliedern von Soulsearch, die Musik in Richtung Steve von Till machen. Riharc Smiles, welche mit mittelalterlichen Klängen aufwarten und Walser, die Einflüsse von Sixteen Horsepower und Sol Invictus erkennen lassen. Sicherlich kann man diese Bands nicht nur dem NeoFolk zuordnen, aber ich denke, dass sie gerade aus diesem Bereich Anhänger finden könnten.

Jörg: Im Moment gibt es einige sehr interessante Bands hier in Österreich, die sicher auch vielen Leuten aus dieser Szene gefallen können. Ausschließliche "Neo-Folk" Bands kenne ich zwar keine, aber das ist auch nicht so wichtig. "Vorreiterrolle" übernehmen sicher Blutharsch und Allerseelen. Wir sind da, als Gruppe, glaub ich noch zu jung dafür.

Wie seht ihr die oftmals problematische Situation im NeoFolk zwischen blindem linken Aktionismus und tatsächlichen rechts-extremen Erscheinungen? Verdirbt die Politik eine an sich gänzlich unpolitische Musikströmung? Wie kann man sich überhaupt noch in einer solchen Szene aufstellen?

Wolf: Aufstellen kann man sich prinzipiell in jeder Szene, so sie nicht von Haus aus durch und durch politisch ist. Es gibt ja auch im Pop oder im Rock Musiker mit starken politischen Tendenzen. Ob man sich von der Politik verderben lässt ist auch eine Frage, die die Musiker für sich entscheiden müssen. Ich glaube nicht, dass man das Attribut unpolitisch irgendeiner Musikströmung zukommen lassen kann. Aber es wird immer Musiker geben, die keine politischen Botschaften in ihren Werken verpacken. Ich würde uns auch dazuzählen, weil unsere politische Meinung nicht Sache der Musik ist die wir fabrizieren. Die Politik kann auch immer nur soweit in eine Musikströmung eindringen, soweit sie von den Angehörigen dort hingetragen wird, aber das hat dann weniger mit einer ganzen Strömung, als mit einzelnen Bands und Fans zu tun. Sicherlich gibt es Musiker die lieber Propaganda machen, aber da muss dann auch der Hörer ein wenig Eigenverantwortung übernehmen und sich überlegen, ob sie kunstvoll verpackte politische Hymnen hören möchte, oder sich lieber dem dionysischen Rausch ergibt.

Jörg: Wie kann man sich aufstellen? Gute Frage. Eigentlich gab es bisher nur einmal "Probleme", als uns im Rahmen eines Konzertes in Rosenheim auf einer Internetseite die Teilnahme an einem "Neu-Rechten" Sampler und die personelle Überschneidung mit Blutharsch vorgeworfen wurden. Das freute uns natürlich nicht, aber aufgrund der Plattheit des Textes konnte man schon feststellen, dass hier kaum Informationen über uns vorhanden waren und somit wieder einmal in die falsche Richtung geschossen wurde. Fest steht, dass unsere politischen Ansichten (die sich wahrscheinlich in einigen Punkten mit den Schreibern dieser Boykottaufrufe eher decken, als mit jenen fiktiven Personen, die sie uns vorwerfen zu sein) nichts mit unserer Musik zu tun haben und das soll auch so bleiben. Eine Politisierung verdirbt erfahrungsgemäß den musikalischen Aspekt, da meist mehr Wert auf die "Message" gelegt wird als auf die Musik.

Gib es schon Pläne für nächste Veröffentlichungen?

Jörg: Wir arbeiten zurzeit gerade an neuen Liedern und an inhaltlichen Konzepten. Viel Zeit zum Proben haben wir seit der Veröffentlichung von Cheru noch nicht gehabt, da ich mit Blutharsch auf Tour war und ein paar andere Konzerte gespielt habe, Georg mit seiner Band ihre Debüt CD raus brachte und Wolf schreibt gerade an seiner Diplomarbeit. Ich hoffe es geht sich in näherer Zukunft aus, neues Material aufzunehmen und vielleicht ein, zwei Konzerte zu realisieren.

Wolf: Ideen und Pläne gäbe es schon, aber die müssen noch ein wenig reifen. Wir werden jedenfalls über unsere Myspace-Seite informieren. Wie würden gerne etwas auf Vinyl rausbringen und auch aufnahmetechnisch neue Dinge ausprobieren, wie etwa live aufnehmen oder im Freien, aber das sind momentan alles nur vage Ideen…

http://www.myspace.com/graumahd