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Thomas Bleicher
Lyrik: Intermedial
Der eine Lyriker ist enttäuscht vom Film; sein „Kinematograph“
zeigt ihm nur „ein lautlos tobendes Familiendrama“ mit Eifersucht
und dann eine „Älplerin auf mächtig steilem Wege“:
Und in den dunklen Raum – mir ins Gesicht –
Flirrt das hinein, entsetzlich! Nach der Reihe!
Die Bogenlampe zischt zum Schluss nach Licht –
Wir schieben geil und gähnend uns ins Freie.
Der andere Lyriker ist begeistert vom Film; sein „Kinodirektor“
macht alle Menschen für einen Groschen glücklich, indem er ihnen
„das einzige Paradies der Welt“ öffnet:
Ich schenke euch die Schöpfung Gottes: das Paradies,
ohne Schlange und Apfel.
Fluch dem Skeptischen, der lächelnd an die Leinwand klopft
Und sagt: Das ist ein weißes Tuch!
Fluch diesem Lügner; denn das ist das Leben, das reellste Leben.
Die Enttäuschung Jakobs von Hoddis um 1911 und die
Begeisterung Iwan Golls von 1917 sind jambisch-dithyrambische Extrem-Reaktionen
auf das neue Medium. Dies zeigt zwar, dass auch Lyriker sich schon früh
zu diesem aktuellen Thema geäußert haben, aber es gibt noch
keine Hinweise auf die Möglichkeit intermedialer Relationen zwischen
Lyrik und Film. Film und Literatur (hier also Drama mehr in französischer
und Prosa eher in deutscher Tradition): das ist schon mehrfach praktiziert
und analysiert – aber Lyrik und Film? Wirken sie beide nicht sogar
wie typische Gegensätze? Wenn die so schwierig zu definierende Lyrik
demnach gerade als nicht-filmisch definiert würde: Mit welchem Medium
ließe sie sich dann in eine Beziehung setzen?
1.
Da würde man traditionell sicherlich zuerst die Musik
nennen. Und so klagt nicht erst heute, sondern schon 1960 ein gewisser
Hans Wolff-heim über die "Problematik der jungen deutschen Lyrik";
denn in ihr vermisst er eben gerade "das Gesanghaf-te, das allein
durch einen rhythmischen Zauber sich bildet", und kriti-siert ihre
"intellektuelle Abstraktion", die doch dem lyris-chen Gefühl
widerspreche. Dahinter steht der (leicht erkennbare) Wunsch, zumin-dest
in der Lyrik noch das zu retten, was sonst überall längst verloren
ist ... Die Lyrik als ein ästhetischer Freiraum - im Niemandsland
- oder (wie Jan Faktor spottet) "als Zeitfüller zwischen Körperpflege
und Liegen in der Sonne"! Eine solche Lyrik ohne Bezug zur Realität,
ohne Bindung an ihre Zeit: Das wäre Flucht aus der Gegenwart und
keine Lyrik mehr. Denn Lyrik (und nicht nur sie) ist ja gerade der Versuch
eines Dichters, seine Gegen-wart in Worte zu fassen, sich seine Situation
sprachlich zu vergegenwärtigen. Und wir sitzen eben nicht mehr in
einer Gartenlaube wie z.B. Jean Paul inmitten der Natur, die - als sie
noch unzerstört war - zudem eher als feindlich, unwirtlich, unmenschlich
empfunden worden ist (man lese nach bei Gryphius, der die "Einsambkeit"
in der "mehr denn öden wüsten", dem "vngebawte(n)
Land", beklagt) - wir sitzen in einer Industrielandschaft. Wir wandern
nicht mehr auf staubiger Landstraße, sondern fahren im Alltag lange
Autobahnstreken und fliegen im Urlaub in die Ferne. Wir blicken nicht
mehr aus dem Dorffenster, sondern in den Fernseher, der uns die Welt zum
Dorf macht - bildvoll und erlebnisleer.
Wenn wir die Position der modernen Lyrik beschreiben wollen
- und die moderne Lyrik beginnt ja nicht erst heute, sie beginnt für
die einen in der Romantik, für die anderen bei Poe und Baudelaire,
die aber die romantische Dichtung und ihre Dichtungstheorie genau studiert
haben -, dann stellen sich fast automatisch zuerst einmal 'negative Kategorien'
ein, wie sie Hugo Friedrich schon 1956 formuliert hat; diese negativen
Kategorien dürfen jedoch "nicht abwertend“, sondern müssen
„definitorisch angewendet“ werden. Befragen wir einige Kriterien
danach, ob sie sich nicht positivieren ließen!
(1) Der Intellekt - Valéry sagt: "Ein Gedicht soll ein Fest
des Intellekts sein"; Breton entgegnet: "Ein Gedicht soll der
Zusammenbruch des Intellekts sein". Der Intellekt, gefei-ert oder
surrealistisch verworfen: Zerstört er wirklich die 'Sinnlichkeit'
des Gedichtes? Gibt er ihr nicht ein neues Gewicht? Ein Gegengewicht?
(2) Die Inkongruenz des Stils - Inkongruenz mit welchem Stil? Dem alten,
dem übernommenen, dem verbrauch-ten Stil: Fordert diese Inkongruenz
nicht zu einem neuen Stil heraus, zu einer neuen Sprache, die der neuen
Wirklichkeit besser gerecht werden könnte? (3) Die Unbestimmtheitsfunktion
- Wenn die alten Wahrheiten und Werte unsi-cher, fragwürdig geworden
sind: Wie kann ich sie dann noch mit Bestimmtheit benennen? Führt
das Unbestimmte uns nicht auf die Suche nach dem, was uns nun wichtig
und bedeutsam werden könnte? (4) Vereinsamung und Angst - Sind diese
negativen Reaktionen, in Sprache gebracht, wenn nicht schon gebannt, dann
doch zumindest erkannt? Erste Anzeichen zu ihrer Überwin-dung?
Muss eine solche Lyrik nicht notwendigerweise unmusikalisch
sein? Aber ist denn die traditionelle Lyrik immer musikalisch? Was soll
das Musikalische an ihr sein? Der Reim? Also ist antike Lyrik nicht musikalisch,
da sie metrisch gebunden ist? Sind die lyrischen 'Töne' des reimlosen
'Metrikers' Hölderlin auch musikalische Töne? Ist Rilke, der
letzte große Reim-Dichter der deutschen Sprache, nicht 'musikalischer'
in der Reimlosigkeit der "Duineser Elegien", seiner letzten
Lyrik? Worin also liegt denn nun die sogenannte Musikalität der Lyrik?
In der Lyra, der sie ihren Namen entnommen hat? Doch nicht allein! Mehr:
Sprache als Klangkörper? Hören wir ein typisch romantisches
Beispiel, ein musikalisches Gedicht:
Einsamkeit, du Geisterbronnen,
Mutter aller heil'gen Quellen,
Zauberspiegel innrer Sonnen,
Die berauschet überschwellen,
Seit ich durft' in deine Wonnen
Das betrübte Leben stellen,
Seit du ganz mich überronnen
Mit den dunklen Wunderwellen,
Hab' zu tönen ich begonnen,
Und nun klingen all die hellen
Sternenchöre meiner Seele,
Deren Takt ein Gott mir zähle,
Alle Sonnen meines Herzens,
Die Planeten meiner Lust,
Die Kometen meines Schmerzens,
Klingen hoch in meiner Brust.
In dem Monde meiner Wehmut,
Alles Glanzes unbewußt,
Kann ich singen und in Demut
Vor den Schätzen meines Innern,
Vor der Armut meines Lebens,
Vor der Allmacht meines Strebens
Dein, o Ew'ger, mich erinnern!
Alles andre ist vergebens.
Wenn das nicht musikalische Lyrik ist! Volltönende
Synäs-thesie, musik-nahes Pathos mit superlativischen Assoziationen
aus Mikro- und Makro-Kosmos: die Seele klingt, die Sphärenmusik schwillt
an - sprachliche Harmonie 'lautet' - fast inhaltlos. Typisch Musik? Und
wenn ich dann noch den Titel nachrei-che, scheint der Beweis endgültig
erbracht: "Nachklänge Beet-hoven-scher Musik". Beethoven:
das ist ja nun der Inbegriff von Musik - genauer: von klassisch-romantischer
Musik, also sicherlich doch nicht generell jeglicher Musik, die außerhalb
Europas sicherlich anders klingt und überall in der Welt sicherlich
auch heute nicht so wie früher.
Aber ist denn Beethovens Musik 'reine' Musik? Das Musikstück
op.91 trägt den Titel: "Wellingtons Sieg oder die Schlacht bei
Vittoria". Ein Kritiker der Erstaufführungen (nach Meinung einiger
Forscher sogar Brentano selbst) schreibt in der Jahreswende 1813/14: "Nur
auf eine solche Art (kann) eine Schlacht in der Tonkunst wiedergegeben
werden, denn die musi-kalische Malerei ist tref-fend und doch würdig".
Ein militärisches Ereignis führt zu einem Musikstück, das
ein Gedicht auslöst, dessen Anfang wir schon kennen - und das so
endet:
Wer hat die Schlacht geschlagen,
Wer hat die Schlacht getönt,
Wer hat den Sichelwagen
Der über das Blutfeld dröhnt,
Harmonisch hinübergetragen,
Daß sich der Schmerz versöhnt?
Wen hat in heißen Tagen
Ein solcher Kranz gekrönt,
Wer darf so herrlich ragen,
Von Sieg und Kunst verschönt?
Wellington in Tones Welle
Woget und wallet die Schlacht,
Wie eines Vulkanes Helle,
Durch die heilige Sternennacht.
Er spannt dir das Roß aus dem Wagen,
Und zieht dich mit Wunderakkorden
Durch ewig tönende Pforten.
Triumph, auf Klängen getragen!
Wellington, Viktoria!
Beethoven, Gloria!
Ist das noch musikalische Poesie? War es der Anfang? Wenn
wir hier auch eher skeptisch sind, so müssen wir doch zugeben: Lyrik
hat schon traditionell Bezüge zur Musik - wie auch zu anderen Medien:
so zur Malerei. Natürlich darf nun das Wort von Horaz nicht fehlen:
"ut pictura poesis" - was allerdings nur meint, daß die
Rezeption bei beiden Kunstarten gleiche bzw. ähnliche Reaktionen
auslöst: Detailbe-trachtung oder Panoramablick, Tages- oder Nachtstimmung,
augenblickliches Gefallen oder langwieriger Aneignungsprozess. Das kreative
Missverständnis Lessings führt da schon weiter: die Differenz
zwischen malerischer Raumkunst und poetischer Zeitkunst, was zumindest
die jeweilige Dominanz skizziert. Die Differenz-Relation zeigt uns noch
deutlicher ein typisches Rilke-Gedicht, sein Bild-Gedicht "Archaischer
Torso Apollos" von 1908:
Wir kannten nicht sein unerhörtes
Haupt,
darin die Augenäpfel reiften. Aber
sein Torso glüht noch wie ein Kandelaber,
in dem sein Schauen, nur zurückgeschraubt,
sich hält und glänzt. Sonst könnte
nicht der Bug
der Brust dich blenden, und im leisen Drehen
der Lenden könnte nicht ein Lächeln gehen
zu jener Mitte, die die Zeugung trug.
Sonst stünde dieser Stein entstellt und kurz
unter der Schultern durchsichtigem Sturz
und flimmerte nicht so wie Raubtierfelle;
und bräche nicht aus allen seinen Rändern
aus wie ein Stern: denn da ist keine Stelle,
die dich nicht sieht. Du mußt dein Leben ändern.
Ein befremdender Text! Wo finden wir denn den Torso im Text?
Die Plastik wird gerade nicht beschrieben, wie wir es erwarten könnten.
Lyrisch gefaßt wird eben das, was dem Torso fehlt: das Haupt und
darin vor allem die Augen, der verhinderte Blick, den der Lyriker 'erschaut'.
So wird das Haupt zum lyrischen Ausgangspunkt, von dem allein der Torso
seine Bestimmung erhält. Die Lyrik ergänzt das Bruchstück
- mehr noch als nur Ergänzung ist sie sogar die Vervollkommnung des
sichtbaren Restes. Denn es sind die Augen, die den Rumpf zum Leben erwecken,
die die museale Plastik zum imaginierten Menschen machen. Und es ist dann
eben dieser imaginierte Mensch, dessen poetisch memorierte Augen nun ihrerseits
den Betrachter zu einer 'augenblicklichen' Reaktion herausfordern: "Du
mußt dein Leben ändern". Lyrik potenziert Kunst; die lyrisch
potenzierte Kunst potenziert schließlich sogar die Lyrik selbst.
Diese Lyrik hat ihren romantisch vorbestimmten Höhepunkt erreicht:
Von ihm aus kann sie es wagen, dem Menschen den Lebensweg zu weisen.
An den zwei Gedichten von Brentano und Rilke wollte ich
zumin-dest die klassischen Bezüge der traditionellen Lyrik zu den
klassischen Medien Musik und Kunst exemplarisch andeuten. Unendlich viele
Beispiele ließen sich anfügen; jedes Beispiel müsste gesondert
analysiert werden. Und doch dürfte vielleicht schon jetzt erkennbar
sein: Die unbestreitbare Tatsache, daß Lyrik seit alters her bis
heute zu Musik und Kunst Bezüge herstellt und ausprobiert, sucht
und verwirft, beweist ebenso unbestreitbar, daß Lyrik eben nicht
- Musik oder Kunst ist. Lyrik ist Sprache: formal-materiell Tongebung,
inhaltlich-semantisch Imagination, versprachlichte Ton-Bild- bzw. Bild-Ton-Synthese.
Negativ formuliert: Die Bildlichkeit der Lyrik verhindert eine zu starke
Annäherung an die Musik, ihre Tona-lität eine zu starke Annäherung
an die Kunst.
2.
Neu ist nun die literarische Auseinandersetzung mit dem
Medium, das das moderne Nach-Gutenberg-Zeitalter der Massenme-dien einleitet:
mit dem Radio. Eine hochpoetische Ausformung findet diese Auseinandersetzung
in den Hörspielen Günter Eichs. Was dieser Lyriker seinem medial
noch unerfahrenen Publikum zumutet, ist 'sensationell': In seinen "Welten
aus Sprache" wird die Wirklichkeit sprachlich aufgedeckt in einer
so unerwarteten Weise, dass neue kulturelle Wahrnehmungs- und Erfahrungsformen
gefordert sind. Sensationell bleiben diese Hörspiele auch noch bei
einer heutigen Wiederbegegnung, wes-halb man umso mehr bedauern muß,
daß diese literarische Potenz nur so kurzlebig gewirkt hat (und
doch durch die "Audio Books" auch heute wieder wirken könnten).
Das auditive Medium, lyriknaher Ton-Träger, der Imagina-tionen
auslöst, der Phantasie frei-setzt, weil es die Vorstel-lungen eben
nicht durch nachgestellte Bild-Realitäten kopiert: dieses Medium
ermöglicht eine neue literarische Form, in der alle literarischen
Formen verwirklicht werden können. Bei Eich entsteht eine neue Form,
in der die alten Formen zu einer dramatisch-essayistisch-lyrischen Einheit
verschmolzen werden. Eindringlichstes Beispiel ist sein Hörspiel
"Träume", das erstmals am 19.4.1951 im NWDR gesendet worden
ist. Es gilt heute als "Geburtsstunde des deutschen Hörspiels";
denn die früheren Hörspiele waren eher Radiofassungen von Schauspielen,
so z.B. Frischs "Nun singen sie wieder" und Borcherts "Draußen
vor der Tür". Dass Eichs "Träume" tatsächlich
eine "notwendige Herausforderung des Publikums durch das Hörspiel"
darstellt, zeigt sich an der ersten Ablehnung in der Rundfunk-Jury und
vor allem an den heftigen Zuhörerprotesten, die ein so scho-kierendes,
Ängste herausforderndes 'negatives' Werk in der nach Trost und Hoffnung
suchenden Phase des Wiederaufbaus ablehnten.
Was wird da so heftig abgelehnt? Der Inhalt? Die Form? Si-cherlich
vorerst der Inhalt, der jedoch in ungewohnter Form angeboten wird: fünf
Träume werden sachlich-informativ ange-kündigt, sodann in einer
Szene vorgeführt, die Zwischentexte sowie Einleitung und Schluss
sind - Gedichte. Die Gedichte sind aber durch den Kontext nicht mehr nur
Gedichte, sie haben Manifest-Charakter, werden zu Parolen, die sich ins
Gedächtnis gleich-sam einritzen. Und die Traum-Ankündigungen?
Wissen-schaftlich-sarkastische Vorbemerkungen, die sich so überlegen-abgehoben
geben, wie wir es von Politikern und Journalisten kennen: "Schlechte
Träume kommen aus dem Magen, der entweder zu voll oder zu leer ist"
- oder (da eine "gutmütige und harmlose Person" einen Horror-Traum
hat): "Vermutlich werden die angenehmen Träume dieser Welt von
den Schurken geträumt". Und die Szenen selbst? Dramatische Skizzen
in Dialogform, aber weniger Handlung als vielmehr eine Stimmungswiedergabe,
eine Impression, ein lyrisches Seismogramm der Zeit, rückblickend,
zeitkritisch, prophetisch - Seismogramme über Verluste: über
den Verlust der Individualität, da sie käuflich wird, über
den Verlust der Sprache, da ihr Gedächtnis verkümmert, über
den Verlust der Wirklichkeit, da sie sich in sinnlose Begriff-lichkeit
auflöst, über den Verlust der eigenen Wohnung, der Heimat, die
von anderen - den Fremden ebenso wie den Bekannten - besetzt wird, und
über den Verlust des Lebens, das - von innen her von Termiten zerfressen
- zu Staub zerfällt.
Die klassischen Gattungsformen der Literatur verändern
sich zu einem literarischen Text, dessen lyrische Grundtönung eine
betroffene, betroffen machende Haltung anstimmt - eine Haltung, die Veränderung
anzeigt: Veränderung in der objekti-ven Welt draußen und in
der subjektiven Welt drinnen. "Etwas hat sich verändert"
- "Die Welt draußen" - "Hier bei uns". Das lyrische
Hörspiel verbindet Außenwelt und Innenwelt, zeigt ihre Spiegelbildlichkeit.
Denn so heißt es schon am lyrischen Anfang: "Alles, was geschieht,
geht dich an". Mittendrin lautet das poetische Glaubenbekenntnis
dann:
Denke daran, daß der Mensch des Menschen Feind
ist
und daß er sinnt auf Vernichtung.
Denke daran immer, denke daran jetzt (...).
Denke daran, wenn eine Hand dich zärtlich berührt,
denke daran in der Umarmung deiner Frau,
denke daran beim Lachen deines Kindes!
Denke daran, daß nach den großen Zerstörungen
jedermann beweisen wird, daß er unschuldig war.
Denke daran:
Nirgendwo auf der Landkarte liegt Korea und Bikini,
aber in deinem Herzen.
Denke daran, daß du schuld bist an allem Entsetzlichen,
das sich fern von dir abspielt -.
Und am lyrischen Ende steht die Schlußfolgerung:
Seid unbe-quem, seid Sand, nicht das Öl im Getriebe
der Welt.
3.
Das Hörspiel eine leider nur kurzfristige Erscheinungs-form
hochpoetischer neuer Literatur - der Film eine langlebige und immer stärker
dominierende Kunstform der Literaturferne? Oder gibt es doch auch Mischformen
wie filmische Lyrik und lyrischen Film? Bietet uns Ralf Schmerbergs Film
„Poem“ eine filmische 'Verstärkung’ der Lyrik oder
verkommt die Lyrik zu einem Werbe-Clip? Beim Berliner „Poetryfilm
Award“ im Juli 2002 entdeckt Evelyn Finger zwar „viel geballten
Mut, die Genregrenzen zur überschreiten“, aber sie sieht fast
nur „Lyrikverfilmungen der vorgetäuscht rätselhaften und
der direkt illustrierenden Art“. Dennoch ist „Poetryfilm“
möglich: „Man muss nur Kunstandacht vermeiden und die Macht
der Gewohnheit wirklich überwinden wollen“. Dass dies keineswegs
erst ein zukünftiges Programm ist, beweisen zwei ältere Beispiele,
in denen ein Gedicht ein Film-Experiment auslöst und das filmische
Sehen das lyri-sche Sagen beeinflusst.
Traditionell in der Form und modern im Inhalt gibt sich
Rimbauds "Dormeur du Val" ("Der Schläfer im Tal"
in der Nach-dichtung von Paul Zech):
Begrenzt von eines Wäldchens
schwarzem Riegel,
duftet ein Kleefeld honigsüß und stark.
Des krummen Flusses kühler Zwillingsspiegel
spinnt Silberflitter in das zarte Knospenmark.
Barhäuptig und den Mund von Fieberqualen
zerklüftet, ruht er unverbunden noch im Kraut.
Blutschnecken kriechen aus Perlmutterschalen
und beizen Frost auf seine weiße Knabenhaut.
Sein Atem haucht gebrochener Laute Wort,
der Wind im Gras nimmts ihm vom Munde fort,
in ein verbangtes Mutterherz hineinzufalten.
Aus der zerschossenen Seite quillt es rot heraus,
wie wenn die Hände, die verkrampften, einen Strauß
taufrisch geschnittener Rosen halten.
Im ersten Quartett des Sonetts die schöne Natur, dagegen
im zweiten Quartett die unschöne Wirklichkeit eines verletzten Menschen.
Die Totale des ungestörten Naturbildes und die Großaufnahme
des zerstörten Menschenbildes überschneiden sich in den zwei
Terzetten: der letzte Ton 'vom Winde verweht', das letzte sichtbare Lebenszeichen
- das hervorquellende Blut - wie ein Strauß blutrotfrischer Rosen.
Ein Toter, erschossen - auf Oktober 1870 ist das Gedicht datiert - im
preußisch-fran-zösischen Krieg, aus dem das erste deutsche
Reich entstanden ist. Die Ästhetik des Grauens: die Barbarei des
Krieges zerstört das (deutsch-)romantische Bild vom "Schläfer
im Tal".
1975, mehr als 100 Jahre später, dreht Pascal Aubier
"Le Dormeur", eine neun Minuten lange on- und off-stimmlose
Trans-position des Rimbaud-Gedichtes in das Medium Film. Eine einzi-ge
Kamera-Einstellung - im Gegensatz zur zwei-, drei- und vierteiligen Struktur
des Sonetts - führt den Betrachter mit wechselndem Tempo vom Himmel
zum Wald und dann ins Tal hinein, wo plötzlich ein Schlafender im
Gras entdeckt wird; die auf Schienen bewegte Kamera verharrt in der Totalen
auf dem Ge-sicht, schwenkt zu den Füßen und wieder zurück
zum Gesicht - der Eindruck des Friedlichen verstärkt sich immer mehr,
bis endlich der Oberkörper ins Bild fällt: die blutige Seite
- der Schock, der die Idylle zerstört, das friedliche Leben beendet.
Der Schlafende trifft des Schlafenden Bruder, den Tod; Vogel-gezwitscher
und Grillengezirpe sind gewichen dem aufdringli-chen Summen einer Mücke,
die den Toten umschwirrt.
Der Hauptunterschied zwischen Gedicht und Film: die Film-Version
gipfelt in dem Schock des unerwarteten Bildes, die Lyrik-Version bietet
uns dasselbe Thema rational-antithetisch und verweigert in der Synthese
der Form die Synthese der gegensätzlichen Inhalte, zeigt also die
moderne Absurdität: die 'incoincidentia oppositorum'. Hier - in der
Lyrik - ist also der Verstand gefordert, dort - im Film - wird die sinnliche
Erwartung zerstört.
Was durch die Vorführung des Films zu beweisen wäre:
Es ist eine gelungene filmische Transposition des poetischen Textes. Denn
erstens ist deutlich erkennbar der Rohstoff der lite-rarischen Vorlage
- sowohl wiedererkennbar für den Auch-Leser als auch eigenständig
nachvollziehbar für den Nur-Seher. Sie behält zweitens die Tendenz
der literarischen Vorlage bei: Das Widersprüchliche fordert den (noch
kunstimmanenten) Wider-spruch heraus. Drittens sind die poetischen Bilder
weitgehend umge-setzt in optische Sequenzen; das Literarische erfährt
somit seine Metamorphose in 'visuelle Sprache', in die narrative Prosa
der Bilder. Viertens ist die Atmosphäre der literarischen Vorlage
so eingefangen, daß trotz veränderter Mittel ein adäquater
Ein-druck bei der Rezeption hervorgerufen wird. Und fünftens wird
die (wenn auch nur illusorische) Realität des Mit-Erlebens suggeriert;
das Literarische wird noch mehr dem Möglich-Wirk-lichen angenähert
und erfüllt demnach parado-xer-weise besonders in der Film-Version
das höchste Kriterium 'mimetischer' Litera-tur: die (aristotelische)
Kategorie der Wahrscheinlichkeit - (hier) auf Kosten einer Episierung
des Lyrischen.
Dass der Film von Anfang an für die meisten (bedeutenden)
Literaten eine große Faszination ausgeübt hat, beweist schon
1913 das "Kinobuch" von Kurt Pinthus, es beweist Hanns Zischlers
Buch "Kafka geht ins Kino" ebenso wie der von Handke - selbst
Film-Autor und sogar Film-Regisseur - übersetzte "Kinogeher"
von Walker Percy usw. Auch Thomas Mann sagt: "Immer ist es für
den Dichter eine schmeichelhafte und rührende Erfahrung, ein Werk
seines Geistes durch eine sinnen-unmittelbarere Kunst (...) aufgenommen,
wiedergegeben, gefei-ert, verherrlicht zu sehen".
Und wie gehen die meist doch sinnenunmittelbareren Lyriker
mit dieser sinnen-unmittelbareren Kunst des Films um? Fast selbstverständlich
muten die Filminspirationen vieler amerika-nischer Lyriker an, und so
lautet der Titel der von Rolf-Dieter Brinkmann 1969 herausgegebenen Anthologie
neuer ameri-kanischer Lyrik fast folgerichtig "Silverscreen":
Lyrik als silberne Film-Leinwand, als silberner TV-Schirm. Ebenso auf-fällig
'filmisch' ist die Lyrik-Theorie, die Brink-mann seiner literarischen
Begegenung mit dieser (nur oberflächlich bezeichneten) 'Pop-Lyrik'
entnimmt: antiintellektuell, antiabstrakt, antitheoretisch soll seine
neue Lyrik sein - und mit positiven Kategorien: sinnlich, konkret, augen-fällig,
bildhaft, bilderhaft, also eine Bilderfolge und dem-nach eine Montage
aus vielen, meist unterschiedlichen Bildern. Oder mit den Worten Brinkmanns:
"Der entscheidende Unterschied (...) ist, daß Bilder gegeben
werden, andere Vorstellungen (images), die sinnliche Erfahrung als Blitz-lichtaufnahme;
es passiert nicht die Zurückbiegung des Ge-dichts auf ein Sprach-problem
oder auf unpersönliche Metaphern oder das bloße Allgemeine
(der "Politik"), denn das Leben ist ein komplexer Bildzusammenhang.
Es kommt darauf an, in welchen Bildern wir leben und mit welchen Bildern
wir unsere eigenen Bilder koppeln".
Soweit seine lyrische Theorie - und seine lyrische Pra-xis?
Ein klassisches Thema: "Selbstbildnis" - aber in moderner Umgebung:
"im Supermarkt". Wo bleibt da die Lyrik?
In einer großen
Fensterscheibe des Super-
markts komme ich mir selbst
entgegen, wie ich bin.
Der Schlag, der trifft, ist
nicht der erwartete Schlag
aber der Schlag trifft mich
trotzdem. Und ich geh weiter
bis ich vor einer kahlen
Wand steh und nicht weiter
weiß.
Dort holt mich später dann
sicher jemand ab.
Der Alltag: der Einkauf im Supermarkt eine Routine - hypernormal,
total un-lyrisch also. Und doch Lyrik, da gerade hier, in diesem Immer-Gleichen,
in diesem fast bewußtlosen Funktionieren, in diesem Roboter-Zustand
des Menschen, etwas geschieht, etwas bewußt wird: das Ich, der Mensch!
Alles kann man finden und kaufen, auf alle Objekte ist man vorbereitet
- nur nicht auf ein Objekt: auf das Subjekt, das sich selbst zum Objekt
wird, auf die Konfrontation mit sich selbst. Irritation, Betroffenheit:
der Schlag, unerwartet und doch wirksam, wenn auch noch der alte Automatismus
funktioniert und er 'irgendwie' im Reflex weitergeht - bis, ja bis keine
Fenster-scheibe mehr irgendetwas, irgendwen - und sei es ihn selbst -
widerspiegelt. Es bleibt die kahle Wand, die spiegellose Wand am Ende
des Weges, wo kein Weg mehr weiter führt.
Eine Horror-Szenerie: der Mensch ist nur eine Fiktion, die
(klassische) Marionette in den Händen eines Marionetten-spiel-ers
oder der (moderne) Androide aus der Werkstatt irgend-eines Franken-steins.
Wen verwundert es da noch, wenn der Philosoph Thomas Metzinger sogar das
Ich nur für eine evolutionsbedingte Erfin-dung des Menschen hält?
Die Person Mensch hat keine Maske mehr; sie steht da, wartet - ein Objekt,
das keinen eigenen Willen mehr hat, das von anderen - irgendjemandem -
später/ir-gendwann vielleicht/sicher abgeholt, gekauft, gebraucht,
genutzt, verwendet wird. Das Selbstbildnis in der Fensterscheibe - eine
Blitzlichtauf-nahme: das photonahe Stand-bild geht über in einen
Bewegungsab-lauf, bis die bewegte Kamera in einem langsamen Schwenk erneut
stehenbleibt. Eine filmische Sequenz, die Bilder zu einem komplexen Bildzusammen-hang
koppelt.
4.
Unlyrische Lyrik? Negative Lyrik? Sie zeigt auf - was kann
sie mehr? Was soll sie mehr? Reagieren müssen wir - es sollte uns
leichter fallen, wenn wir noch Ohren haben, Lyrik - solche Lyrik und andere
- zu hören. Lyrik als Gegenpol, als Widerpart zu einer rein visuellen
Wirklichkeit? Karl Kraus hat schon zu Beginn dieses Jahrhunderts angeschrieben
gegen die "Welt der Plakate", gegen eine Zeit, "die ihren
Untergang ertrüge, wenn ihr nur seine kinematographische Vorführung
nicht versagt bleibt". Und heute: in einer Zeit der nur virtuellen
TV-, PC-, Internet-Wirklichkeiten? Wo bleibt da die 'reale' Realität?
Der reale Mensch? Vielleicht im Widerstand der Lyrik?
Will diese Lyrik widerstehen, darf sie nicht vor dem fliehen,
was ihr widersteht: vor der "kulturelle(n) Dominanz technischer Medien"
(Michael Braun). Modernistische Anpassung ver-bietet sich hierbei ebenso
wie die traditionalistische Abkehr. Die Überzeugung, "daß
eine 'innovative' und 'zeitgemäße' Gedichtsprache die Zeichenwelt
der modernen Medien und das Sprachengewirr unseres Alltags reflektieren
muß", prägt insbesondere den Lyriker Dieter M.Gräf.
Versetzung des Hirschs in die
Dose
Dann das Mikroskop, unter dem die Algen
verschwanden: Beginn eines rhythmischen
Drehens an Knöpfen, Kunst. Die des Weg
sehens: -schwimmen der Zahlen auf Schief
er, wird korrigiert. Die nun gefestigten
Finger: Sehenswürdigkeiten auf -schein,
Not-. Kommen durch Leerer von Welt: Ich
habe gesehen, daß der Herr kann gehen
über das Was-. Dafür die Spiegelreflex.
Geweiht. Wie die Versetzung des Hirschs
in die Dose. Wie das Drehen an Knöpfen,
die Bitt um Vernetzung. Auch die. Kunst
übertrag ich ein Wald und Wiesenprogramm.
Ein sehr verschlüsselter Text, aus dem nur einzelne
Details aufblitzen - Details, die sich nicht zu einem Gesamtbild fügen.
Wie 'klassisch' wirkt dagegen schon Brink-manns Text! Es finden sich allenfalls
Bruchstücke, die zur Collage verwendet werden könnten, wenn
wir denn überhaupt Lust haben, uns an ein Puzzle zu wagen, von dem
wir schon im Voraus wissen, daß am Ende viele Leerstellen bleiben
werden. Denn der Autor bietet uns "äußerst sperrige, widerborstige
Gebilde, in denen disparate Bilder und Assoziationsketten hart aufeinanderprallen
und verschiedene Stimmen wild durcheinanderreden; so entsteht ein "nervös
flackernde(r) Text() in einer aggres-siven Schnitt- und Vexier-Technik,
die der fragmentierten Wahrnehmung eines vom Fernsehen und anderen visuellen
Zeichen-systemen sozialisierten Publikums" entspricht (Michael Braun).
Gräfs Wort-Wirklichkeit-Spiel um Versetzung und Vernetzung ist (schon
ohnmächtiges?) Gegenprogramm gegen eine Medienwelt, die alles durchdringt
und Natur, Kunst und die gesamte Wirklichkeit verschwinden läßt.
Eine Kurz-Interpretation von Michael Braun: "Wie die Natur ("die
Algen") unter dem Mikroskop oder in der Konserve ("der Hirsch
in der Dose") verschwindet, so zerrinnt auch die Wirklichkeit, je
eaxakter wir sie mit Präzisionsinstrumenten durchforschen. Wo die
authentische Naturforschung verlorenging, springt das technische Medium
ein: "Dafür die Spiegelreflex". Für die Kunst bleibt
nur noch das stereo-type Reproduzieren eines "Wald- und Wiesenprogramms"
oder das "rhythmische Drehen an Knöpfen". Das digitale
Zeitalter kennt nur noch eine Maxime: "Bitt um Vernetzung"."
5.
Die 'neue' Literatur exisiiert nicht mehr nur in den 'alten'
literarischen Texten, sondern auch in den neuen und neuesten 'literarischen'
Medien. Kurz: Es gibt nun nicht nur die 'lite-rarische' Litera-tur im
alten Medium Buch, sondern auch andere Literaturen in anderen neuen Medien
wie Hörfunk, Film, Fernsehen und Video. Die praktischen, didaktischen
und wissenschaftlichen Konsequenzen des so erwei-terten Literaturbegriffs
führen schließlich dazu, "ein neues Verhältnis zwischen
den Literatu-ren in den verschiedenen Medien herzustellen" (Knut
Hickethier).
Die Unterschiede und Interaktionen zwischen den alten und
neuen Medien dieser 'neuen’ Literatur skizziert Franz-Josef Albersmeier:
"Das elektronisch produzierte Bild synthetisiert mündliche und
schriftliche Botschaften, Worte werden in Bilderfolgen umgesetzt, Bedeutungen
als audiovisuell vermittelter Prozeß beschrieben, Grenzen zwischen
'Bild' und 'Text' aufgelöst, starre Bilder in bewegte (und umgekehrt)
umgewandelt". Albersmeier folgert daraus, "daß die Beziehungen
zwischen 'Kunst' und 'Technik'" sich anders entwickelt haben, als
es der "Kulturwissenschaftler vormedialen Zuschnitts" (v.a.
im deutschen Sprachraum, der den 'Geist' der Kultur von der 'Technik'
der Zivilisation 'befreit') erwartet hat: "Nicht theoreti-sche Konzepte
haben die Entwicklung der 'artes liberales' bestimmt, sondern die Erfindung
und Ausbreitung technisch innovativer Apparaturen (Daguerreotypie, Grammophon,
Kinematograph, Typewriter, Fernsehen, Video) - eine schmerzliche, gleichwohl
unverzichtbare Einsicht", die aber nicht nur 'modische' Trotz-Reaktionen
gegen den angeblichen technologischen Determinismus und das durch Agenda
Setting und Gatekeeping gesteuerte Diktat der Massenmedien auslösen
dürfte, sondern auch zu neuen (konkreten wie theoretischen) Literatur-Entwürfen
herausfordern sollte.
Damit wäre endlich der notwen-dige Über-gang vom
reaktionären Klagen über eine 'Technisierung' der Kunst zu einem
kon-struk-tiven Interes-se an der 'Ästhetisierung' der Technik gelungen:
keine postmoder-ne Nostalgie, sondern zeitgemäße Kreativität
ist gefordert. Darüber hinaus eröffnet er auch neue Möglichkeiten
des Literatur-Erfassens: Literatur nicht nur schreiben und lesen (oder
- da dies derzeit ja nicht selbstverständlich ist - das Interesse
am Schreiben und Lesen von Literatur erst bzw. wieder wecken), sondern
auch Literatur (wieder) hören, sehen, gemein-sam erfah-ren, zur Lebenspraxis
in Beziehung setzen, in neue ästhetische Formen umset-zen. Somit
werden Rezeption und Produktion zu sich ergänzenden 'Energien', aus
denen sich aktuelle Sinn- und Wert-Entwürfe gewinnen lassen: zur
Bewältigung unserer sinn- und wert-problematischen Lebensrealität
- und vielleicht auch zur Gestaltung einer sinnreicheren und wertvolleren
Zukunft.
(1995/2003)
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